Die Deutschen – ein Volk von Weicheiern? Beneidet
vom Großteil der Welt leben sie in einem Luxus, der noch vor wenigen
Generationen völlig unvorstellbar war. Und klagen über Stress. Was
sollen davon die Älteren halten, die Hunger und Diktatur, Weltkrieg
und Zerstörung erlebt haben? Afrikaner, die den Tod auf dem Meer
riskieren, um der Aussichtslosigkeit ihrer Heimat zu entgehen? Ob sie
Mitleid haben mit uns Sensibelchen? So könnte man die Stress-Umfrage
betrachten.
Oder ganz anders. Beamen wir den Dorfschmied, der 1863 im Haus
seines Vaters den Beruf seines Vaters ausübt und seinen Sohn anlernt,
dessen Welt eng und bescheiden, aber vertraut und sicher ist, 150
Jahre voraus. Er erlebt Freiheit, die ihm unzählige Entscheidungen
über sein Leben abverlangt, eine ins Unermessliche gesteigerte
Lebens- und Arbeitsgeschwindigkeit und die Gewissheit, dass 2013
niemand weiß, wie die Welt des Jahres 2033 aussehen wird. Vielleicht
wird er darin nicht ausschließlich einen Fortschritt erkennen.
Was das für uns Gestresste von heute heißt: Wir müssen die Idee
vom allzeit flexiblen Arbeitnehmer, für den Familie nur Belastung
ist, als Irrtum erkennen. Das ist eine politische Aufgabe. Aber wir
sollten auch privat die Angst verlieren, etwas zu verpassen. Wir
dürfen nachhaltig Tempo herausnehmen. Kurz: entspannen.
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