Westfalenpost: Es fehlt der Respekt Von Wilfried Goebels

Das Gewaltmonopol liegt beim Staat, deshalb muss der
Polizist als Ordnungshüter vor Gewalt geschützt werden. Im Gegenzug
hat der Beamte im Einsatz den Rechtsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit
zu wahren, weil die Polizei sonst das Vertrauen der Bürger verliert.
Auf die zunehmende Respektlosigkeit der Bürger reagiert mancher
Polizist unzulässig mit Gewalt. Noch ist nichts bewiesen: Aber die
brutalen Polizei-Videos in einer Bremer Diskothek deuten darauf hin,
dass einzelne Beamte die Grenze des Erlaubten überschritten haben
könnten.

Auch die Gewalt gegen Polizisten sowie Beleidigungen und Pöbeleien
gegen Beamte, Feuerwehrleute und Rettungssanitäter nehmen zu.
Trotzdem zielt der CDU-Antrag für härtere Strafen am Kern vorbei. Der
Strafrahmen der Gesetze reicht aus, für brutale Gewalt drohen
langjährige Haftstrafen. Bedenklicher ist der Eindruck der Beamten,
dass Gerichte Strafverfahren wegen Beleidigungen und
Widerstandshaltungen vorschnell einstellen. Junge Beamte, die nach
Einsätzen erleben müssen, dass dieselben Täter trotz Anzeigen oft
straffrei bleiben, sind verbittert. Richter und Staatsanwälte sollten
dem stärker Rechnung tragen.

Noch sind wir von amerikanischen Verhältnissen auf den Straßen
weit entfernt. Aber die Gewalt nimmt zu: Polizeibeamte erleben die
Auswüchse der Konsumgesellschaft hautnah: Alkoholismus, Verbrechen,
Gewalt. Mehr als 10 000 Angriffe auf Beamte in NRW pro Jahr sind
nicht tolerabel. Gleichzeitig werden bundesweit jährlich 3000
Polizisten – meist unbewiesen – wegen unverhältnismäßiger Gewalt
angezeigt. Der Konflikt ist nicht mit härteren Strafen zu lösen: Es
geht um fehlenden Respekt. Hier muss die Politik ansetzen.

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