Westfalenpost: Es geht nicht um Schönheit Von Rudi Pistilli

Um den Denkmalschutz in Deutschland beneiden uns die
Nachbarn in der EU. In vielen Ländern sind Wahrzeichen von privaten
Sponsoren und Vereinen abhängig. Das sieht man in Frankreich, in
Polen, in Griechenland, Italien aber auch in Großbritannien abseits
der Touristenattraktionen. Verfall, soweit das Auge reicht. Insofern
hat der Gesetzgeber uns einen Schatz anvertraut. Einen Schatz, der
Steuerzahler teuer zu stehen kommen kann.

Gebäude aus den 60er Jahren haben nicht gerade den Charme antiker
Stätten – oder, bleiben wir mal mit beiden Füßen auf dem Teppich,
eines Ensembles von Fachwerkhäusern aus dem 18. Jahrhundert. Trotzdem
ist es nachvollziehbar, dass ein Hochhaus wie in Siegen als
schützenswert erachtet wird. Man mag sich streiten, ob es schön oder
hässlich ist, aber es prägte über Jahrzehnte die Stadt. Es hat
Charakter, erzählt eine Geschichte. Andererseits haben solche Bauten
historische Gebäude ersetzt. Es ist ein Für und Wider.

Der Gesetzgeber hat die Hürden, Denkmäler von der Liste zu
löschen, hoch angesetzt. Mit Bedacht. Denn was heute nicht gefällt,
kann morgen als Bereicherung empfunden werden. Manchmal muss beim
Betrachter etwas wachsen, wie bei einem Gemälde zum Beispiel, das man
mit der Zeit versteht und lieben lernt.

Trotzdem ist der Zeitpunkt gekommen, den Denkmalschutz wieder in
die politische Diskussion zu führen und die Gesetze zu überdenken. Es
gilt, Interessen abzuwägen. Manchmal kann Denkmalschutz einer
Gemeinschaft auch schaden. Letztlich aber sollte man den Historikern
die Entscheidung überlassen. Sie sind die Brückenbauer zwischen
Vergangenheit und Zukunft.

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