Westfalenpost: G7-Gipfel – Respekt zollen vor historischer Kulisse

Es ist durchaus Ehrfurcht gebietend, wie dieser Tage
im Hintergrund der Russland/Ukraine-Krise mächtige historische
Kulissen sichtbar werden: vor einem Vierteljahrhundert der Zerfall
des Sowjetimperiums mit den ersten freien Wahlen in Polen, die
Landung der Alliierten an der normannischen Küste vor 70 Jahren, bald
der Beginn des Ersten Weltkriegs vor einem Jahrhundert. Jahrestage
sind Zufälle. Anlass zur einer hilfreichen Rückbesinnung und
Einordnung bieten sie dennoch.

Erstens sollten sie das Bewusstsein dafür schärfen, dass sich drei
Generationen nach dem Weltenbrand die Frage von Krieg und Frieden in
Europa nicht erledigt hat. Zweitens machen sie plausibel, warum die
EU, die dabei ist, an Unzufriedenheit mit sich selbst schier zu
ersticken, vielen Außenstehenden – Ukraine, Georgien, Moldau,
westlicher Balkan – immer noch als die Verheißung eines besseren und
sichereren Lebens erscheint. Und drittens vermitteln sie einen
Eindruck von der historischen Doppelgestalt des großen Nachbarn im
Osten: vom Riesenland der Russen, aus dem bis heute keine lupenreinen
Demokratie geworden ist. Das aber unter größeren Opfern als jedes
andere den Demokratien im Westen beim Überleben geholfen hat.

Das ist kein Grund zur Nachsicht mit Putins aggressiver
Großmacht-Politik. Es ist aber sehr wohl ein Grund, in diesem Sommer
allen Respekt zu zollen, denen der Sieg über den Nazi-Wahnsinn zu
danken ist – selbst wenn sie heute von einer autoritären Figur wie
Putin repräsentiert werden. Ein Brüsseler Gipfel, von dem er
ausgeschlossen war, eine Gedenkfeier an der Normandie, auf der er
dabei ist – es ist am russischen Präsidenten, daraus die richtigen
Schlüsse zu ziehen. Und es war richtig, ihn vor die Alternative zu
stellen.

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