Westfalenpost: Harald Ries zu Entschädigungen für Griechenland: Eine schwierige Zeit für gute Gesten

Man kann das durchaus so sehen wie Politiker von
SPD, Grünen und Linken, die sich für Entschädigungszahlungen an
Griechenland aussprechen. Nur weil die Gräueltaten der Nazis während
der Besatzungszeit kaum im deutschen Bewusstsein verankert sind,
haben die Opfer sie nicht vergessen. Richtig ist auch, dass die
bisherigen Finanzleistungen sehr bescheiden ausfielen, dass die
Argumentation, durch den 2+4-Vertrag sei alles erledigt, den
unangenehmen Geruch eines juristischen Winkelzugs verströmt, und dass
die griechische Regierung das Thema nicht jetzt auf einmal entdeckt
hat: Der Konflikt schwelt seit Jahrzehnten.

Gegen Reparationen spricht Grundsätzliches: Wenn Unrecht nach 70
Jahren aufgerechnet werden soll, warum dann nicht nach 140 oder 700?
Krieg, Vertreibung und Massaker begleiten die Menschheitsgeschichte
von Beginn an. Wer da heute noch für Ausgleich sorgen möchte, wird
kein Ende finden. Und natürlich ist die aktuelle Athener Verknüpfung
solcher Forderungen mit Erpressungsversuchen und der Weigerung,
bestehende Verpflichtungen einzuhalten, inakzeptabel.

Allerdings wirkt es wenig überzeugend, wenn sich Politiker in
Gedenktagsreden zur deutschen Schuld bekennen, aber auf Blockade
schalten, sobald es konkret zu werden droht. Dahinter steht die
Befürchtung, nach den Griechen würden sich noch andere Opfer des
Nazi-Terrors melden und alles könne sehr teuer werden. Das erzeugt im
Rest der Welt kein sehr sympathisches Bild. Es gibt Wege aus dem
Dilemma. Eine Stiftung, direkte Zahlungen, konkrete Projekte.
Freiwillig. Ohne formale Zugeständnisse an Athen. Als Zeichen guten
Willens, als Freundschaftsangebot ans griechische Volk. Leider ist
für solche Gesten gerade eine schwierige Zeit.

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