Westfalenpost: Jede Menge Orbans / Kommentar von Knut Pries zur EU-Flüchtlingspolitik

Der ungarische Ministerpräsident Orban – in der EU
so etwas wie der Klassenflegel – hat in Sachen Flüchtlinge mal wieder
für Aufregung gesorgt. Nichts geht mehr, lautete seine Ansage. Wenn
ihr uns weitere Migranten zurückschickt, können wir die nicht mehr
aufnehmen. Die Empörung war groß – unerhört, hieß es, es gibt
schließlich Regeln. Doch als Sündenbock taugt Orban in diesem Fall
nur bedingt. Erstens ist der Druck derzeit tatsächlich nirgendwo so
groß wie in Ungarn, und zweitens ist Orban beileibe nicht das einzige
schwarze Schaf in einer Herde weißer Lämmer.

Der letzte Massentod von Bootsflüchtlingen liegt zwei Monate
zurück, und da hat sich der Brüsseler Gipfel die Freiheit genommen,
die Sache wieder weniger fromm und mehr nach Art der Kesselflicker zu
erörtern. Herausgekommen ist ein Beschluss für die robuste
Abschiebung illegaler Zuwanderer, verbunden mit einer das Lächerliche
streifenden Vereinbarung über die faire Verteilung von
Schutzsuchenden: 40.000 sollen es sein, die Vorgabe ist fix, aber wie
man dahin kommt, ist freiwillig.

Man darf sich schon darauf freuen, diese Freiwilligkeit im Vollzug
zu sehen. Da werden jede Menge Orbans auftreten. Das von der
EU-Kommission vorgeschlagene Quotensystem ist nicht der Weisheit
letzter Schluss. Aber diesen EU-Gipfel hatte es nicht verdient.

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