Westfalenpost: Konsequente Gleichstellung Von Andreas Thiemann

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum
Ehegattensplitting bei Homo-Ehen hat keine moralisch-abwägende
Dimension, sondern ist vielmehr der juristischen Konsequenz
geschuldet. Und daher ist in diesem Sinne die weitere Stärkung der
gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften keineswegs eine
Überraschung. Auch Karlsruhe hat sich im Laufe der letzten Jahre
durch eine ganze Kette einschlägiger Entscheidungen in seiner
Urteilsfindung einem veränderten Familienbild, beziehungsweise einer
neuen Familienwirklichkeit geöffnet.

Und Deutschlands oberste Richterinnen und Richter stehen in ihrer
werteprägenden Aufgabe dabei nicht allein. Auch innerhalb der
evangelischen Kirche hat längst ein Umdenken begonnen. Das tradierte
Familienmodell gilt demnach zwar nicht als überholt, wohl aber auch
nicht mehr als alternativlos. Unter dem Thema „Familie heute“ wird
beispielsweise derzeit in den evangelischen Gemeinden der
westfälischen Landeskirche dieser andere Blick auf mögliche Formen
des verantwortungsvollen Zusammenlebens lebhaft diskutiert.

Auf der politischen Ebene wären die Oppositionsparteien allerdings
gut beraten, den gesellschaftlichen Wandel des Familiengefüges nicht
in den Kategorien von „modern“ und „verstaubt“ zu unterscheiden. Sie
glauben, damit besonders konservative Kreise der Unionspolitiker mit
einer gewissen Häme vorführen zu können. Doch ist diese Strategie
ebenso durchsichtig wie allzu kurz gedacht.

Mit der ver- und nachgebesserten Gleichstellung hat Karlsruhe
keine Vorrangstellung gegenüber den herkömmlichen
Lebensgemeinschaften verankert.

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