Bleiben werden die Bilder von Straßenkrawallen, wie
sie in Deutschland hoffentlich immer zur Ausnahme gehören werden.
Dabei polarisiert der Neubau der Europäischen Zentralbank in
Frankfurt weit über die Kreise der Kapitalismuskritiker hinaus. Als
„unerträgliche Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit“
kritisiert etwa der ehrwürdige Börsenverein des Deutschen Buchhandels
die Eröffnung. Dabei waren Zeitungen und Radiosender nicht als Zeugen
erwünscht. EZB-Präsident Draghi hatte nur wenige Medien zugelassen.
Der 1,3 Milliarden Euro teure Wolkenkratzer steht damit einerseits
als Symbol für eine europäische Finanzpolitik, von der sich Millionen
Menschen zu Verlierern degradiert fühlen. Der Glaspalast gilt aber
auch als Sinnbild dafür, dass in Deutschland Parallelstrukturen
schleichend Einzug zu halten drohen, die mit demokratischen
Prinzipien schwer vereinbar sind. Nicht umsonst führt der
Börsenverein die Verhandlungen um das Freihandelsabkommen TTIP als
Beispiel an, die von den europäischen Institutionen nur
undurchsichtig kommuniziert werden.
Der EZB-Turm stellt mit 185 Metern Höhe die Bundesbank in den
Schatten. Er ist zudem mit einem stacheldrahtbewehrten Zaun von der
Bürgergesellschaft abgeschottet. In dieser Festung wird über das
Schicksal von 335 Millionen Bürgern Euro-Europas entschieden. Über
die fatale Signalwirkung der Summe dieser Außendarstellungen will
niemand nachgedacht haben. Das ist erschütternd in einer Zeit, in der
Griechenland gleich vor der Haustür liegt, weil die Kommunen nicht
mehr wissen, wie sie angesichts wachsender Belastungen Soziales,
Bildung und Kultur vorhalten sollen – wobei vom Schuldenschnitt
übrigens keine Rede ist.
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