Wirtschaftlich war die Zeit seit dem Amtsantritt des
islamisch-konservativen Premierministers Tayyip Erdogan für die
Türkei ein goldenes Jahrzehnt. Das Pro-Kopf-Einkommen hat sich
verdreifacht, das Land stieg unter die 20 größten Wirtschaftsnationen
der Erde auf. Auch politisch ist die Ära Erdogan von einer Stabilität
gekennzeichnet, wie sie die chronisch krisengeplagte Türkei seit
Jahrzehnten nicht mehr kannte.
Doch wie trügerisch diese Stabilität ist, zeigen die Unruhen, die
sich, ausgehend vom Istanbuler Taksim-Platz, am Wochenende wie ein
Flächenbrand über das Land ausbreiteten. Was als Protest gegen die
Zerstörung des Gezi-Parks begann, einer der letzten grünen Oasen in
der Istanbuler Betonwüste, wird zu einem Aufbegehren gegen den
zunehmend autoritären Führungsstil Erdogans und die ideologische
Dominanz seiner islamischen Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei.
Inzwischen fordern die Demonstranten den Rücktritt der Regierung.
Doch Erdogan hält unbeirrt an seinen Plänen fest, will das
Bauvorhaben trotz eines gerichtlichen Baustopps fortsetzen.
Hunderttausende Demonstranten sind für ihn „Extremisten“. Damit
treibt der Premier die Eskalation weiter voran, er spielt mit dem
Feuer. Der Taksim ist nicht der Tahrir-Platz. Aber die Bilder
beginnen sich beunruhigend zu ähneln.
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