Westfalenpost: Verbrannter Hoffnungsträger Von Carsten Menzel

Er war ein Hoffnungsträger – für die SPD wie für die
damals noch neue Hauptstadt: Klaus Wowereit war der Mann der Stunde,
als das neue Jahrtausend und die Berliner Republik noch jung waren;
er, smarter wie kundiger Politiker, wurde als Regierender
Bürgermeister zum perfekten Werbeträger für Berlin als Europas
Metropole. Es war eine perfekte Ehe: Die (Party-)Hauptstadt verlieh
ihm Glanz – und umgekehrt. Mitte Dezember, nach fast dreizehneinhalb
Jahren, tritt Wowereit ab.

Was am Ende bleiben wird? Respekt vor einer Lebensleistung, auch
abseits der Politik: Wowereit hat sich aus kleinen Verhältnissen nach
ganz oben gearbeitet; seine Mutter weiter gepflegt, als ihn der
Politikbetrieb längst vereinnahmt hatte und andere wohl gänzlich
aufgesogen hätte. Respekt vor seinem entwaffnend offenen Bekenntnis
zu seiner Homosexualität.

Sein Image hat allerdings gewaltig gelitten in den letzten Jahren.
Seine Amtszeit wird überschattet bleiben vom Debakel um den
Großflughafen für die Hauptstadt. Ihn trifft keine unmittelbare
Schuld an der schier endlosen Pannenserie, aber er muss sie politisch
verantworten.

Und: Weder Wowereit noch seine Senatoren haben je ein Rezept gegen
Berlins Finanzprobleme gefunden. Wowereit geht, als ein
Hoffnungsträger, der im Politsystem verbrannt ist; aber er geht,
bevor er endgültig vom Berliner Party- zum Problembären wird. Und das
ist auch gut so.

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