Nicht umsonst heißen sie längst Lumpensammler: jene
Regionalzüge der Deutschen Bahn, die das Volk in den dicht
besiedelten Ballungsgebieten an Rhein und Ruhr von A nach B bringen.
War diese Bezeichnung lange ausschließlich den letzten Zügen nachts
gewidmet, welche die Übriggebliebenen nach Hause zu rumpeln hatten,
so tritt das „Wir befinden uns im Fliegenden Ziegenhirten“-Gefühl
heutzutage bereits auf dem Weg zur Arbeit ein. Die Regionalbahn ist
entweder verspätet oder fällt ganz aus, weswegen die nachfolgenden
Linien überfüllt sind. Und die Toiletten, na ja, über die decken wir
mal den Mantel des Schweigens und verzichten vor der Abfahrt lieber
auf die zweite Tasse Kaffee.
Die Deutsche Bahn lässt sich ihre Dienste gut bezahlen, versteht
aber nicht, warum sie dafür Gegenleistungen wie Pünktlichkeit oder
Sauberkeit erbringen soll. Vor allem im Nahverkehr wird das zum
Dauer-Ärgernis, weil sich alle Anstrengungen auf den Fernverkehr
konzentrieren, wo die schicken ICEs mit Flugzeugen und Fernbussen
konkurrieren müssen. Die Regio-Reisenden sollen sich gefälligst mit
ihrem Schicksal abfinden. Die Bahn kassiert, steckt das Geld jedoch
nicht ins Netz zurück. Schon ein Stürmchen legt den Verkehr lahm.
Es tut gut, dass der VRR-Qualitätsbericht die Lebensrealität der
Bahnpendler bestätigt. Das schafft vielleicht jenen Druck, den das
Staatsunternehmen braucht, um zu erkennen, dass beförderte Personen
tatsächlich Kunden sind. Möglicherweise entsteht sogar soviel Druck,
dass die Bahn beim geplanten Rhein-Ruhr-Express das Feld der privaten
Konkurrenz überlässt. Bei den Privaten kann man die zweite Tasse
Kaffee vor der Abfahrt bisher noch angstfrei trinken.
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