Westfalenpost: Westfalenpost zum Warsteiner Legionellen-Skandal

Man stelle sich einmal vor, am beschaulichen
Niederrhein wäre ein Huhn in einer Mastfarm mit einem möglicherweise
auf Menschen übertragbaren Virus entdeckt worden. Die Farm läge tags
darauf still, die Politiker gäben sich die Stalltüren in die Hand, in
Berlin würde nach Konsequenzen gerufen, das Areal wäre weiträumig
abgesperrt.

Man stelle sich einmal vor, in einer
rheinischen Großstadt tauchte der Verdacht auf, Kühlanlagen an einer
vielbefahrenen Bundesstraße könnten Emittenten von lebensgefährlichen
Legionellen sein. Die Straße würde unverzüglich gesperrt, Politik und
Behörden überschlügen sich vor Aktionismus.

In Warstein
geschah dies alles nicht. In Warstein kämpften ein
Kreisgesundheitsamt, ein Bürgermeister und ein Ordnungsamt einsam
gegen die Gefahr, als es längst Tote und eine dreistellige Zahl
Erkrankter gab. Seit mehr als zehn Tagen geht das so, erst am Freitag
soll die Quelle endgültig identifiziert werden. In der Zwischenzeit
haben die Einwohner in Angst und Schrecken gelebt, Familien ihre
Angehörigen verloren und Warstein sein einziges wirkliches
Großereignis, die Montgolfiade, absagen müssen. Keine
Bezirksregierung, keine Landesministerium, keine Bundesbehörde
kümmert das. Stattdessen holte sich der als hemdsärmelig bekannte
Bürgermeister einen ausgewiesenen Experten in die Stadt und suchte
mit ihm in einer Art Häuserkampf nach der Ursache der tödlichen
Erreger. Das ist im überregulierten Staate Deutschland absurd. Und es
ist, da es um Menschenleben geht, ein zynisches Spiel auf Risiko.
Denn morgen kann eine Kühlanlage in Düsseldorf oder Köln zur
tödlichen Gefahr werden. Und dann? Siehe oben.

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