Der Sieg fiel überraschend eindeutig aus. Die 
Wiederwahl von US-Präsident Barack Obama erfüllt auch die 
Erwartungshaltung in Deutschland. Bei uns hätte der Amtsinhaber einen
Freifahrtschein größtmöglicher Zustimmung erhalten.
Das 
Mandat für vier weitere Jahre ist mehr Auftrag als Bestätigung. Die 
US-Probleme – Staatsverschuldung, ökonomische Schwäche und daraus 
resultierend die Situation auf dem Arbeitsmarkt – sind groß und auch 
auf unserer Seite des Atlantiks spürbar. Die Mehrheit der 
amerikanischen Bevölkerung, vor allem in den umkämpften 
„Swingstates“, gab dennoch dem Visionär unter den Kandidaten den 
Vorzug. Einem Visionär allerdings, der schon früh nach seiner 
„Yes-we-can“-Kampagne mit Gänsehaut-Effekt vor vier Jahren 
empfindlichen Schaden genommen hatte, weil sein forsches Fordern von 
Erneuerung und Modernisierung einem blassen Pragmatismus wich. Dem 
Politiker-Alltag eben.
Wirtschafts-Dino
Selbst die Vorschusslorbeeren 
eines irritierend schnell zuerkannten Friedensnobelpreises 
stabilisierte das Idealbild eines Mannes mit gewisser Leichtigkeit 
nicht. Immerhin waren die Erfolge der ersten vier Obama-Jahre – dazu 
gehört eine schmale Gesundheitsreform ebenso wie die Jagd nach Osama 
bin Laden – groß genug, um im Amt bleiben zu dürfen. 
Mitt 
Romney hat den Menschen in einem gespaltenen Land die 
Präsidenten-Rolle des Topmanagers angeboten: „Ich kann den Job, ich 
bringe die Firma USA wieder auf Vordermann!“ Es war nicht genug. 
Selbst die schlechten Arbeitsmarktzahlen haben dem Multimillionär mit
dem Etikett des Abgehobenen nicht mehr geholfen. Er blieb eher der 
Wirtschafts-Dino und wurde nicht zum dynamischen Anwalt aller 
Bevölkerungsschichten. 
Für US-Amerikaner ist die führende 
Rolle in der Weltgemeinschaft eine Selbstverständlichkeit. Aber ist 
das noch die Realität? Die Kräfteverhältnisse werden sich weiter 
verschieben. Weg von der „letzten verbliebenen Weltmacht“, der 
„Weltpolizei“ aus Nordamerika. Ein US-Präsident, der in diesem 
Prozess eher den Dialog als den Konflikt sucht, ist ein 
stabilisierender Faktor. 
kein Dauerzustand sein
Mitt Romney als Novize und 
Republikaner hätte die Angst vor der alten Bush-Mentalität des locker
sitzenden Colts in alle Verhandlungsrunden dieser Welt mitgeschleppt.
Obama steht für Kontinuität. Auch für ein ordentliches 
deutsch-amerikanisches Verhältnis, das im vergangenen Jahrzehnt oft 
strapaziert wurde. Kontinuität als Qualitätssiegel? Das entscheidet 
sich an den Brandherden dieser Welt. Am Nahen Osten arbeitet sich die
fragile Staatengemeinschaft schon (zu) lange ab. Dass Obama verstärkt
den Schulterschluss sucht mit den Europäern, wird nicht der 
Dauerzustand sein. Allein die Finanzkrise ist diesbezüglich ein 
Problemfall.
Mit einem US-Präsidenten in dessen zweiter und
letzter Amtszeit verbindet sich die Hoffnung, dass er die Fesseln der
taktischen Überlegungen ablegen kann. Barack Obama wird keinen 
Wahlkampf mehr zu führen haben, könnte also Pragmatismus durch 
visionäres Handeln ersetzen. Man möchte ihm zurufen: „Yes, you 
can!“
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