Westfalenpost: zu Lampedusa/Flüchtlinge

Der Westen hat sich viel zu lange selbst belogen.
Europäer und Amerikaner waren der Illusion verfallen, die
autokratischen Herrscher der Maghreb-Staaten garantierten in der
Region halbwegs Stabilität. Die Volksaufstände in Tunesien und
Ägypten belehrten die Strategen eines Besseren. Stabilität, egal
welcher Schurke an der Regierung diese für sein Land versprach, war
das Ziel westlicher Nahost-Politik. Keine Experimente, lautete die
Maxime, damit Ruhe war. Diese hat sich jedoch als trügerisch
erwiesen. Die Menschen in Nordafrika wollen in Freiheit leben. Das
ist ihr gutes Recht. Spätestens seit den Aufständen in Tunis und
Kairo – weitere werden folgen – müssen die USA und Europa zur
Kenntnis nehmen, dass der Nahe Osten nur gefestigt werden kann, wenn
die Völker dort in Freiheit leben können. Der Westen zahlt jetzt den
Preis dafür, dass er über Jahrzehnte hinweg Regimes gestützt hat, die
vor Unterdrückung nicht zurückschreckten. Die Folge dieses Desasters
ist die Flüchtlingswelle, die nun über Europa hereinzubrechen droht.
Dabei sollte niemals vergessen werden: Es sind Menschen in Not, die
derzeit auf Lampedusa anlanden. Die Brutalität, mit der Berlusconis
Behörden gegen die geschundenen Kreaturen vorgehen, darf nicht
Europas Stil im Umgang mit Flüchtlingen sein. Meint es die
Staatengemeinschaft mit ihren Hilfsangeboten an Nordafrika ernst,
dann muss sie alles tun, damit ein Flüchtlingsdrama verhindert werden
kann.

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