Westfalenpost: zur Nato

Als Berlin im vergangenen Jahr zum Ort dieses
Nato-Außenministertreffens bestimmt wurde, konnte Guido Westerwelle
gewiss nicht ahnen, dass der Gastgeber dabei in die Rolle des
schwierigen Bündnispartner geraten würde. Dabei galt Deutschland –
beispielsweise in Sachen Afghanistan – lange Zeit als Primus der
Allianz. Doch der Einsatz am Hindukusch, der gerade bei dieser
Veranstaltung ein großes Thema werden sollte, ist vorläufig in den
Hintergrund geraten. Brennpunkt ist die Mission in Libyen. Diese hat
die Allianz in Turbulenzen gebracht – nicht zuletzt durch
Deutschlands Außenseiterrolle. Dennoch bietet diese Berliner
Nato-Frühjahrstagung für den deutschen Außenminister die Chance, die
Wogen im Bündnis zu glätten. Das mag ihm mit Hilfe der Kanzlerin
gelingen. Doch Westerwelles Werben um eine politische Lösung des
Libyen-Konflikts ist nichts anderes als Kosmetik an der ramponierten
Fassade der Allianz. Zwar sind sich die Bündnispartner in dem Ziel
einig, Gaddafis Herrschaft zu beenden. Aber die Probleme bleiben.
Franzosen und Briten fordern mehr Kampfflugzeuge für den Einsatz in
Libyen. Die uneingeschränkte Zustimmung im Bündnis ist ihnen jedoch
keineswegs sicher. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, der
für Verstärkung der Luftstreitkräfte wirbt, ist um seine
Moderatorenrolle nicht zu beneiden. Unter seiner Führung krankt die
Nato an den alten Symptomen. Wie lange Zeit in Afghanistan geht die
Allianz auch in Libyen halbherzig vor. Dieses Manko vermag selbst die
gute Stimmung beim Treffen der Außenminister nicht zu überdecken.
Worauf sich die Partner besinnen müssen, ist Geschlossenheit, so auch
beim Vorgehen gegen Gaddafi. Das Dilemma der Nato ist in Berlin
einmal mehr deutlich geworden. Das Bündnis will kein Weltpolizist
sein, wird jedoch zunehmend in diese Rolle gedrängt. Der Einsatz in
Libyen macht dies einmal mehr deutlich.

Pressekontakt:
Westfalenpost
Redaktion

Telefon: 02331/9174201