Wiesbadener Kurier: Wiesbadener Kurier zum Münchner Flughafenausbaus: Stopp aus der Ferne

Nicht Streit und wahltaktische Schuldzuweisungen
sollten die große Allianz von Wirtschaft und Parteien nach dem Nein
der Bürger zum Ausbau des Münchner Flughafens beschäftigen, sondern
die Frage: Wo soll eigentlich noch ein solches Großprojekt in
Deutschland verwirklicht werden, wenn nicht so weit vom
großstädtischen Schuss wie im Erdinger Moos? Neue Arbeitsplätze mag
man sich in München etwas zu schön gerechnet haben. Aber mehr
geflogen wird auch in Bayern. Doch die Leute finden immer schwerer
die Balance zwischen gesellschaftlicher Notwendigkeit, eigenem Bedarf
als Kunden und persönlicher Betroffenheit. Ob im Luftverkehr oder
beim Schienen- und Straßenausbau. Wobei die Umstände des
Bürgerentscheids in diesem Fall grotesk waren, weil die
Flughafen-Anrainer gar nicht gefragt wurden, sondern eine ausreichend
große Gruppe der 40 Kilometer entfernt lebenden Münchner den
Ausbaustopp entschieden hat – zumindest für die überschaubare
Zukunft. Solche Bürgervoten sind ein schlechter Ersatz für
Verantwortung im Rahmen der repräsentativen Demokratie. Hierzulande
dürfte die Münchner Veranstaltung für Befremden sorgen, weil in
Rhein-Main viel mehr Menschen vom Lärm der eben gebauten neuen
Landebahn betroffen sind. Zum anderen kann die Lufthansa aber das
Nachtflugverbot kaum noch mit Abwanderungsdrohungen nach Bayern zu
begleiten. Ob freilich Frankfurt im heutigen gesellschaftlichen Klima
noch ausgebaut worden wäre, ist zweifelhaft.

Mathias Friedrich

Pressekontakt:
Wiesbadener Kurier
Sven Rindfleisch
srindfleisch@vrm.de
Telefon 0611 / 355-4444

Weitere Informationen unter:
http://