Bundesregierung legt in den EU-Beratungen erstmals
Parlamentsvorbehalt ein
Der Deutsche Bundestag hat am heutigen Mittwoch eine erneute
Stellungnahme zum Vorschlag der EU-Kommission zur Änderung der
EU-Verordnung zur Einführung eines europäischen Verfahrens für
geringfügige Forderungen und zur Einführung eines europäischen
Mahnverfahrens (sog. Small-Claims-Verordnung) beschlossen. Zuvor
hatte die Bundesregierung im Rat der EU erstmals einen
Parlamentsvorbehalt eingelegt, um einen früheren Beschluss des
Bundestages umzusetzen. Hierzu erklären die rechts- und
verbraucherpolitische Sprecherin der CSU/CSU-Bundestagsfraktion
Elisabeth Winkelmeier-Becker und der zuständige Berichterstatter
Sebastian Steineke:
„Mit den Stellungnahmen zur EU-Gesetzgebung nimmt der Deutsche
Bundestag seine Beteiligungsrechte in EU-Angelegenheiten
selbstbewusst und im wohl verstandenen deutschen Interesse wahr. Denn
der Kommissionsvorschlag zur sogenannten Small-Claims-Verordnung, mit
der ein gesondertes europäisches Klageverfahren eingeführt wird,
widerspricht wesentlichen Grundsätzen des deutschen
Zivilprozessrechts. Wir haben uns daher insbesondere gegen die
geplante exorbitante Ausweitung des Anwendungsbereichs gewandt. In
einer erneuten Entschließung haben wir heute bekräftigt, dass die von
der EU-Kommission vorgeschlagene Erhöhung der Streitwertgrenze von
2.000 EUR auf 10.000 EUR zu weit geht. Der ausgehandelte
Kompromissvorschlag, den Anwendungsbereich der Verordnung bei einem
maximalen Streitwert von 4.000 EUR zu deckeln, ist gerade noch
vertretbar, wenn alle anderen Voraussetzungen wie die Definition für
„grenzüberschreitende Rechtssachen“ oder keine neuen Regelungen zu
Gerichtsgebühren gewährleistet werden.
Unsere Zivilprozessordnung hat sich in ihrem über 130-jährigem
Bestehen in der Praxis voll bewährt. Mit dem gelungenen
Zusammenwirken zwischen Bundestag und Bundesregierung haben wir dafür
gesorgt, dass dies auch so bleibt. Damit helfen wir allen am
Zivilprozess und in der Rechtspflege beteiligten Akteuren.“
Hintergrund:
Die Small-Claims-Verordnung regelt das Europäische Verfahren für
geringfügige Forderungen innerhalb der EU. Mit ihrer Hilfe sollen
grenzüberschreitende Forderungen bis zu 2.000 Euro für
Verbraucherinnen und Verbraucher sowie für kleine und mittlere
Unternehmen besser durchgesetzt werden können. Dabei kann z.B.
lediglich mittels eines Formblattes Klage erhoben werden, eine
mündliche Verhandlung oder die Vertretung durch einen Rechtsanwalt
ist nicht vorgesehen und es gelten sehr kurze Fristen. Nach dem
Vorschlag der EU-Kommission sollte u.a. der Anwendungsbereich auf
eine Streitwertgrenze von 10.000 EUR sowie die Definition für
„grenzüberschreitende Rechtssachen“ ausgeweitet werden.
Der Bundestag hat seine Bedenken in einer Stellungnahme am 25.
September 2014 geäußert. Während der anschließenden Verhandlungen im
Rat konnte sich die Bundesregierung auch dank der Rückendeckung des
Bundestages in fast allen Punkten durchsetzen. Da jedoch die
Beibehaltung der Streitwertgrenze von 2.000 Euro nicht mehrheitsfähig
ist, hat die Bundesregierung erstmals einen sog. Parlamentsvorbehalt
eingelegt.
Der Bundestag hat heute sein Einvernehmen mit der Bundesregierung
hergestellt, dem aktuellen Kompromissvorschlag, die Streitwertgrenze
auf maximal 4.000 EUR zu erhöhen, zuzustimmen, wenn alle anderen
Voraussetzungen beibehalten werden. Damit kann die Bundesregierung
dem Kompromissvorschlag der italienischen Ratspräsidentschaft in der
Sitzung des Rats der Justiz- und Innenminister (JI-Rat) am morgigen
Donnerstag zustimmen.
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