Wirtschaftsrat-Umfrage: Starker Vertrauensverlust der Großen Koalition IV in Europapolitik und in Haushaltspolitik

– Union und FDP büßen Wirtschaftskompetenz ein

– Steuerpolitik: Steuerentlastungen und Soli-Abbau in dieser
Legislaturperiode gefordert

– Europa: Überwiegende Mehrheit misstraut EZB-Geldpolitik,
unterstützt aber Kurs der Deutschen Bundesbank

Die Mitglieder des Wirtschaftsrats der CDU e.V. bewerten die Große
Koalition schlechter als im Vorjahr. Der deutlichste
Vertrauensverlust ist in der Europa- (34 Prozent) und der
Haushaltspolitik (46 Prozent) zu verzeichnen: minus 26 und 30 Prozent
gegenüber 2017. Im vergangenen Jahr unterstützten die Unternehmer
also noch mit klarer Mehrheit die Europapolitik und die
Haushaltspolitik. Schlusslichter der Zufriedenheitsskala der
abgefragten Politikfelder bilden die Digitalisierungs- (21 Prozent),
Renten- (20 Prozent), Energie- (19 Prozent) sowie Steuerpolitik (17
Prozent).

Werner M. Bahlsen, Präsident des Wirtschaftsrates der CDU e.V.:
„Diese Bewertungen stellen ein sehr eindeutiges Zeugnis über den
Start der Großen Koalition IV aus: Sie ist mit zu viel Umverteilung
gestartet, hat zu wenige Weichen für die Zukunft gestellt.“

Union und FDP büßen Wirtschaftskompetenz ein

Bei der Bewertung ihrer Wirtschaftskompetenz fiel die Union binnen
eines Jahres von 81 auf 59 Prozent, die FDP von 88 auf 76 Prozent.
„Die Unionsparteien hatten im letzten Jahr durch ihre
programmatischen Weichenstellungen vor der Bundestagswahl ein
deutlich schärferes Profil. CDU und CSU leiden unter dieser
Regierung. Die FDP besitzt zwar das stärkste wirtschaftspolitische
Profil, aber ihr Ausstieg aus den Sondierungsverhandlungen hat doch
viele nicht überzeugt“, sagt Werner M. Bahlsen.

Finanzpolitischen Spielraum für Steuersenkungen nutzen

Eine solide Haushaltspolitik mit Einhaltung der „schwarzen Null“
ist 86 Prozent der befragten Mitglieder sehr wichtig oder wichtig.
„Für Steuerentlastungen ist angesichts von Steuermehreinnahmen von
2016 bis 2022 in Höhe von über 170 Milliarden Euro genügend Spielraum
vorhanden. In Zeiten sprudelnder Steuermehreinnahmen müssen wir den
Leistungsträgern unserer Gesellschaft etwas zurückgeben“, fordert
Werner M. Bahlsen. „78 Prozent unserer Mitglieder fordern zu Recht
einen Abbau des Solidaritätszuschlages noch in dieser
Legislaturperiode. 86 Prozent fordern eine Anpassung des
Einkommensteuertarifs an die Preissteigerung und die Glättung des
sogenannten Mittelstandsbauches. Die Erhöhung der Schwelle, von der
ab der Spitzensteuersatz greift, ist für 73 Prozent wichtig.“

Kopplung des Renteneintrittsalters an die steigende
Lebenserwartung

Die Pläne der Großen Koalition in der Rentenpolitik bewertet die
überwiegende Mehrheit der Unternehmer kritisch. Dagegen halten 82
Prozent eine Kopplung des Renteneintrittsalters an die
Lebenserwartung für richtig. „Wir sehen das als Aufforderung, weiter
für eine nachhaltige, generationengerechte Rentenpolitik einzutreten.
Die Verlängerung der Lebensarbeitszeit und der Bindung des
Renteneintrittsalters an die stetig steigende Lebenserwartung müssen
dringend umgesetzt werden“, fordert Werner M. Bahlsen.

Standortpolitik muss Kosten und Bürokratie ins Visier nehmen

Ein enormer Kostenfaktor, der Deutschland von seinen Nachbarn
negativ abhebt, sind die hohen Energiepreise: Für 74 Prozent der
Mitglieder sind die Strompreise mit ihrem staatlich verordneten
Anteil von gut drei Vierteln zu hoch. Hier ist die Politik gefordert,
über die notwendige Entlastung der energieintensiven Betriebe hinaus
für Entlastung zu sorgen. Bei der Beantwortung einer offenen Frage
schrieben besonders viele Mitglieder, dass sie sich durch die
wachsende Bürokratie massiv belastet und am unternehmerischen Handeln
gehindert sehen. Werner M. Bahlsen dazu: „Verlässliche
Verwaltungsstrukturen sind eigentlich ein positiver Standortfaktor,
aber Deutschland braucht dringend eine breitangelegte
Entbürokratisierungsinitiative, sonst ersticken die Betriebe.“

Flächendeckende Breitbandversorgung vorantreiben

Großer Handlungsbedarf besteht auch bei der Digitalisierung: 97
Prozent sagen, dass sich die Bundesregierung verstärkt um den Ausbau
des schnellen Internets kümmern sollte. „Wir fordern seit langer Zeit
eine flächendeckende Breitbandversorgung. Zugang zu schnellem
Internet ist Grundvoraussetzung für digitale Anwendungen und
Innovationen“, so Werner M. Bahlsen. 88 Prozent fordern Entlastungen
im Datenschutz – insbesondere nach Einführung der
EU-Datenschutzgrundverordnung.

Massiver Vertrauensverlust in Europapolitik

Die deutlich geringere Unterstützung für die Europapolitik der
Bundesregierung – nur noch 34 Prozent sind mit ihr zufrieden – ist
nur ein Indiz für einen massiven Vertrauensverlust. Die Geldpolitik
mit Niedrigzinsen und indirekter Staatsfinanzierung durch die
Europäische Zentralbank (EZB) zeigt eine weitere Folge: Nur rund 28
Prozent der Mitglieder vertrauen dem Kurs der EZB. Ganz anders sieht
das bei der Deutschen Bundesbank aus: 74 Prozent unserer Mitglieder
unterstützen die Politik von Bundesbankpräsident Jens Weidmann. „Der
andauernde Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB hat dem
europäischen Projekt bereits jetzt viel Glaubwürdigkeit gekostet und
Schaden zugefügt. Nur mit einer Rückkehr zu einer soliden Geldpolitik
kann die EZB Vertrauen zurückgewinnen“, mahnt Werner M. Bahlsen.

Der Präsident des Wirtschaftsrates resümiert: „In der
Europapolitik ist auch die Bundesregierung gefordert, sich für die
Rückkehr zu verbindlichen Regeln in Europa einzusetzen. So kann die
Antwort auf Forderungen nach immer größeren Transfertöpfen nur
lauten: Jedes Land muss zuerst selbst seine Strukturen für Wachstum
und Beschäftigung verbessern. Danach kann es auf die Solidarität der
anderen setzen.“

Fakten zur Umfrage

11.150 der rund 12.000 Mitglieder des Wirtschaftsrates haben das
Umfragetool des Wirtschaftsrates freigeschaltet. Frage 1
beantworteten 2.474 Personen, bei Frage 12 waren es 2.305.
Wissenschaftlich begleitet wurde die Befragung durch das
Meinungsforschungsinstitut dimap. Die Umfrage wird jährlich zu den
aktuellen politischen Entwicklungen durchgeführt.

Hier gelangen Sie zu den Umfrageergebnissen: http://bit.ly/2LroZbH

Pressekontakt:
Klaus-Hubert Fugger
Pressesprecher
Wirtschaftsrat der CDU e.V.
Tel. 030/24087-301
pressestelle@wirtschaftsrat.de

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