Allg. Zeitung Mainz: Menschen am Werk / Kommentar zu Vatileaks

Zwei Tage in Rom, und in dieser kurzen Zeitspanne
zeigen sich Elend und Glanz der Katholischen Kirche in aller
Ausführlichkeit: am Samstag der hochnotpeinliche Prozess gegen den
treulosen Kammerdiener des Papstes, am Sonntag die Feierlichkeiten
für Hildegard von Bingen. Machtkämpfe, Intrigen, Korruption,
Missstände im Vatikan? Es wäre ein Wunder, wenn das völlig
auszuschließen wäre. Keine Regierung, kein Geheimdienst, kein großes
Unternehmen dieser Welt ist gänzlich gefeit gegen das, was dem
menschlichen Charakter als Option innewohnt: Bosheit, Selbstsucht,
Gier. Auch im Vatikan sind Menschen am Werk. Kann es also eine
Überraschung sein, wenn auch dort menschliche Schwäche oder
Schlimmeres zum Tragen kommt? Wenn beim amerikanischen Geheimdienst
oder beim russischen Militär spioniert und intrigiert wird und wenn
Schwachstellen in brutaler Offenheit zutage treten, dann verblüfft
das niemanden. Wenn Vergleichbares in der Kirche geschieht, sind
viele Menschen geschockt oder entsetzt. Das spricht im Grunde sehr
für die Kirche, denn es zeigt, dass sie grundsätzlich immer noch
Hoffnungsträgerin ist und eine Stätte, bei der man Zuflucht sucht.
Die meisten Menschen wollen und erwarten nicht, dass von dort
schlimme Nachrichten kommen. Die kamen aber in den vergangenen Jahren
leider doch:Vatileaks und die Missbrauchsskandale sind besonders
gravierend. Hinzu kommt der Stillstand bei sinnvollen Reformen, der
gerade in Deutschland bei vielen Katholiken zu Enttäuschung führt.
Noch ist Kirche, trotz aller Probleme und trotz eines
Vertrauensverlustes, für die meisten Gläubigen ein Fels in der
Brandung. Sie muss sich aber anstrengen, Missstände bekämpfen,
Reformen angehen, damit das so bleibt.

Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Florian Giezewski
Regionalmanager
Telefon: 06131/485817
desk-zentral@vrm.de

Weitere Informationen unter:
http://