Allg. Zeitung Mainz: Toleranz gefragt / Kommentar zum Kopftuch-Urteil

Darf eine christliche Einrichtung einer Angestellten
das Tragen eines Kopftuches verbieten? Ja, sie darf. Aber nicht, weil
das Bundesarbeitsgericht so entschieden hat. Das auch, aber wichtiger
ist etwas anderes. Eine christliche Einrichtung, sei sie katholisch
oder evangelisch, ist Werten verpflichtet. Werten, an denen die
Kirchen selbst mitunter scheitern. Aber nur, weil sie sich auf
Menschen gründen. Und nicht, weil ihre grundlegenden Werte diffus
oder falsch wären. Einer dieser Werte ist Toleranz. Toleranz, die die
evangelische Kirche im verhandelten Fall durchaus an den Tag gelegt
hat. Aber eben nur bis zu einem bestimmten Punkt. Ein Kopftuch ist
ein religiöses Symbol des Islam. Im 21. Jahrhundert – da hatte
Christian Wulff recht – gehört auch der Islam zu Deutschland. Aber:
Das Christentum ist das seit eh und je und nach wie vor prägende
geistige Fundament Deutschlands. Das Toleranzgebot darf nicht zur
Einbahnstraße werden, bei der die eine Seite bis zur fahrlässigen
Selbstaufgabe ihrer grundlegenden Werte alles duldet und zulässt. Wer
sich in einem christlich konstituierten Arbeitsumfeld bewegt, weiß,
worauf er sich einlässt. Allen, die damit nicht einverstanden sind,
ermöglicht der Arbeitsmarkt ausreichend Alternativen, einem Beruf
nachzugehen. Das Erfurter Urteil ist also zu begrüßen. Es zeigt, dass
in diesem Staat – im Gegensatz zu vielen anderen – der Versuch immer
möglich ist, maximale Positionen durchzufechten. Es zeigt aber auch,
dass es dabei Grenzen gibt. Grenzen, die der Toleranz Gewährende
nicht aufgeben darf. Weil er sich sonst selbst aufgibt. Wer das nicht
zu akzeptieren bereit ist, ist auf bedenkliche Weise intolerant.

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