BERLINER MORGENPOST: Wie Baustellen gelingen / Leitartikel von Christine Richter

Endlich einmal eine gute Nachricht für die
Berliner: Die Sanierung der Avus ist abgeschlossen, am Mittwoch ist
die Stadtautobahn wieder für den Verkehr freigegeben worden.
Zehntausende Autofahrer wird dies freuen, denn in den vergangenen 18
Monaten haben all jene, die auf der Avus in die Stadt hinein-
beziehungsweise hinausfahren mussten, sehr gelitten.

Die Sanierung der Avus ist – bei allem Ärger über den Stau – in
dieser Größenordnung unumgänglich gewesen. Und gleichzeitig ist sie
auch ein Beispiel dafür, wie Baustellen funktionieren können. In
diesem Fall kamen mehrere Gründe zusammen: das
Baubeschleunigungsprogramm des Bundes, eine gute Planung des großen
Bauvorhabens, aber auch der milde Winter 2011/2012, sodass mehr
gearbeitet werden konnte als bei strengstem Frost und sehr viel
Schnee. Die ausgelobte Prämie in Höhe von einer Million Euro, die die
Baufirmen jetzt erhalten, weil sie ein Jahr früher fertig geworden
sind als geplant, hat sicherlich auch dazu beigetragen, dass an der
Avus flott gearbeitet wurde. Auch schon mal rund um die Uhr, 24
Stunden lang, ebenso an Feiertagen oder im vergangenen Jahr zwischen
Weihnachten und Silvester. Das Lob gebührt deshalb nicht nur dem
zuständigen Verkehrssenator Michael Müller (SPD), sondern auch dem
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und den beteiligten
Baufirmen, also deren Planern, Ingenieuren und Bauarbeitern. Das
haben alle gemeinsam gut gemacht.

Es ist deshalb richtig, dass der Verkehrssenator jetzt prüfen
will, ob ein solches Prämiensystem auch bei anderen Bauvorhaben
angewendet werden kann. Ob andere Großprojekte, unter denen die
Autofahrer, aber auch die Busfahrer der Berliner Verkehrsbetriebe
(BVG) oder Taxibetriebe leiden, beschleunigt werden können. Seit
Jahren kommt man auf der Invalidenstraße kaum voran, auch die Straße
Unter den Linden ist wegen des U-Bahn-Baus für Jahre nur sehr
eingeschränkt nutzbar. Natürlich lässt sich die Sanierung einer
Stadtautobahn nicht mit einem U-Bahn-Bau vergleichen, wohnen an der
Avus doch keine Menschen – was Bauarbeiten auch in der Nacht möglich
machte. Außerdem geht es bei einer Straßensanierung nicht tief in den
Untergrund – anders als bei der Verlängerung der U5 oder der
Sanierung der Staatsoper.

Dennoch: Eine bessere Koordinierung all der Straßenbaustellen in
Berlin, effizientere und vor allem zeitlich kürzere Bauarbeiten sind
dringend erforderlich. Viele Berliner fragen sich, warum wieder
einmal zeitgleich auf allen wichtigen Ost-West-Verbindungen gebaut
wird, warum die Bezirke und die Senatsverwaltung von Michael Müller –
die für Verkehr und für Bauen zuständig ist – ihre Projekte nicht
besser absprechen. Einer Metropole im 21.Jahrhundert würde es
wahrlich gut anstehen, wenn die Straßen saniert oder Wasserrohre
ausgetauscht werden und man trotzdem gut durch die Stadt kommt, weil
andere Hauptverkehrsverbindungen frei bleiben, weil mit Verstand
geplant worden ist. Das muss das Ziel sein – für die Politik und für
die Baufirmen.

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