Die Diakonie Deutschland und die Evangelische
Kirche in Deutschland (EKD) bedauern die heutige Entscheidung des
Bundesarbeitsgerichts (BAG). Danach durfte für die fragliche Stelle,
eine wissenschaftliche Referententätigkeit, nicht die Mitgliedschaft
in einer christlichen Kirche verlangt werden. Die Bewerberin bekam
einen Teil der von ihr geforderten Entschädigung zugesprochen.
Das BAG stützt sich auf eine Entscheidung des Europäischen
Gerichtshofs, nach der kirchliche Arbeitgeber begründen müssen, dass
die Forderung nach einer bestimmten Religionszugehörigkeit für eine
Stelle „wesentlich, rechtmäßig und gerechtfertigt“ ist. Ob es eine
notwendige Verbindung zwischen Religion und Beschäftigung gibt, soll
von staatlichen Gerichten überprüft werden können.
„Die Anforderung der Kirchenmitgliedschaft wurde auch bisher bei
der Personalauswahl nicht willkürlich gestellt. Bei der konkreten
Stelle, auf die sich die Klägerin beworben hatte, war für uns wegen
der Tätigkeit und Außenwirkung eine kirchliche Grundkompetenz
unverzichtbar“, sagt Diakonie-Präsident Ulrich Lilie nach der
Urteilsverkündigung in Erfurt. Für diese Stelle sei eine Person
erforderlich gewesen, die sich stark mit den christlichen Werten
identifiziert und zu ihnen durch die Mitgliedschaft in einer
christlichen Kirche bekennt. Die Klägerin habe darüber hinaus aber
nicht einmal die erste formale Einstellungsvoraussetzung erfüllt: Sie
habe keinen Masterabschluss nach einem wissenschaftlichen
Hochschulstudium – Jura oder ein vergleichbares Fach – nachweisen
können. Deshalb sei sie nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen
worden.
Bereits unabhängig vom konkreten Fall haben die EKD und ihre
Diakonie ihr Arbeitsrecht weiterentwickelt. „Wir verstehen unsere
sich verändernde, zunehmend multikulturelle und multireligiöse
Gesellschaft als eine positive Gestaltungsaufgabe, zu der Kirche und
Diakonie einen konstruktiven Beitrag leisten wollen“, sagt Lilie. In
der seit Januar 2017 geltenden Richtlinie können Nichtchristinnen und
-christen an vielen Stellen in Kirche und Diakonie arbeiten.
Ausnahmen gelten für Aufgaben in der Verkündigung, der Seelsorge und
der evangelischen Bildung, bei denen die Zugehörigkeit zur
evangelischen Kirche vorausgesetzt wird. Leitungskräfte müssen einer
christlichen Kirche angehören.
Diakonie und EKD sehen im heutigen BAG-Urteil eine Abweichung zur
langjährigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Dieses hat
den Kirchen bisher in einem festgelegten Rahmen die Entscheidung
überlassen, für welche Tätigkeiten die Zugehörigkeit zu einer
christlichen Kirche erforderlich ist. Gemeinsam mit der EKD wird die
Diakonie Deutschland die Urteilsbegründung des BAG abwarten und
prüfen, welche Konsequenzen ggf. daraus zu ziehen sind. Dazu gehört
auch die Prüfung, ob gegen den Eingriff in das kirchliche
Selbstbestimmungsrecht das Bundesverfassungsgericht angerufen wird.
Grundsätzlich halten EKD und Diakonie am kirchlichen Arbeitsrecht
und seiner Ausprägung einer christlichen Dienstgemeinschaft fest.
Hans Ulrich Anke, der Präsident des EKD-Kirchenamts, betont: „Es muss
der Kirche und Diakonie möglich bleiben, die kirchlichen Aufgaben aus
einer christlichen Perspektive zu erfüllen. Das hängt ganz wesentlich
auch davon ab, dass Kirche und Diakonie Mitarbeitende auswählen und
einstellen können, die sich mit ihrer Mitgliedschaft zum Auftrag der
Kirche bekennen. Das erwarten auch die Menschen, die die diakonischen
Angebote nutzen.“ Für eine Beschäftigung von Menschen, die der
evangelischen Kirche nicht zugehörten, enthalte das kirchliche Recht
die gebotenen Möglichkeiten.“
Zum konkreten Fall:
Im Jahr 2013 war im Evangelischen Werk für Diakonie und
Entwicklung e. V. eine Bewerberin für eine Referententätigkeit
aufgrund mangelnder fachlicher Voraussetzungen nicht für ein
Vorstellungsgespräch berücksichtigt worden. Ihre fehlende
Kirchenzugehörigkeit war für diese Entscheidung von zweitrangiger
Bedeutung. Für die Stelle wurde ein Bewerber ausgewählt, der die
erforderlichen fachlichen Voraussetzungen erfüllte. Zudem gehörte er
einer christlichen Kirche an. Das Stellenprofil für eine befristete
wissenschaftliche Referententätigkeit im Rahmen einer Kooperation mit
diversen zivilgesellschaftlichen Gruppierungen zur Erstellung eines
Berichts zur Antirassismus-Konvention der Vereinten Nationen setzte
dies voraus. Eine christliche Perspektive zur Beurteilung der
Konvention war für die Diakonie unabdingbar.
Hannover/Erfurt, 25. Oktober 2018
Pressestelle der EKD
Carsten Splitt
Diese Pressemitteilung wird zeitgleich von den Pressestellen der
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