Das missachtete Europa / Raimund Neuß zu den möglichen internationalen Folgen des US-Plans für die Ukraine

Das missachtete Europa / Raimund Neuß zu den möglichen internationalen Folgen des US-Plans für die Ukraine
 

So stellt man sich im Weißen Haus die neuen Machtverhältnisse auf dieser Welt vor: Donald Trump einigt sich mit anderen Potentaten, den kleineren Staaten werden sie vorgesetzt. Im Fall der Ukraine genügt es für Trump, wenn sein Entsandter Steve Witkoff ein paar russische Stichworte aufgreift und die USA gute Geschäfte versprochen bekommen.

Trump und Witkoff machen ihre Rechnung aber ohne die ukrainische Zivilgesellschaft. Die große Mehrheit der Ukrainer, nicht nur die Anhängerschaft von Präsident Wolodymyr Selenskyj, bekennt sich zum Widerstand gegen die russische Aggression. EU und europäische Nato-Partner müssen dafür dankbar sein.

Denn: Das US-Vorgehen ist nicht nur gegenüber der Ukraine rücksichtslos, sondern auch gegenüber den Verbündeten. Trump und Witkoff wollen die Ukrainer in eine demütigende Unterwerfungserklärung hineindrängen, nach der sie kampflos Teile des eigenen Landes räumen und ihre Armee verkleinern sollen. Sie würden vage Sicherheitsgarantien erhalten, hätten aber unter anderem durch die Übernahme des russischen Propagandanarrativs vom ukrainischen Nazismus eine Aushöhlung der Souveränität ihres Rest-Staates zu erwarten. Sie wären das damit erste Opfer eines solchen Abkommens. Zweites Opfer wäre der Rest Europas – und die Idee einer regelbasierten internationalen Ordnung das dritte.

Die europäischen Nachbarn wären mit einer neuen Fluchtwelle aus der destabilisierten Ukraine bedrängt, zumal das Bekenntnis zur ukrainischen Unabhängigkeit in russischer Lesart nationalsozialistische ist und damit laut Witkoff-Plan zu verbieten wäre. Russland könnte große Teile der ukrainischen Küste – bis 60 Kilometer vor Odessa – mit Waffensystemen spicken und das Schwarze Meer dominieren. Zulasten der Nato-Partner Rumänien, Bulgarien und Türkei. Die USA würden Russlands Landraub anerkennen, Mörder und Foltertäter erhielten Amnestie. Die Idee einer internationalen Strafjustiz wäre dort, wo Trump sie haben will: am Ende.

Das können und das dürfen die europäischen Verbündeten nicht mitmachen. Dass ihre Interessen von den USA so missachtet werden, haben sie sich selbst zuzuschreiben: Sie haben ihre Außenpolitik jahrelang schlecht koordiniert und die Tatsache ignoriert, dass zum internationalen Agieren auch militärische und geheimdienstliche Instrumente gehören. Hoffentlich ist es nicht zu spät, daraus zu lernen.

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