Es ist schwierig, die Entscheidung der
deutschen Regierung über den Atomausstieg eindeutig zu bewerten.
Cornelius Ochmann, Projektmanager der Bertelsmannstiftung, meint,
dass dieser rein politische Beschluss, der auf den Ereignissen in
Fukushima basierte, große Probleme der Wirtschaft bereiten wird.
„Deutsche Wirtschaft braucht langfristige, kalkulierbare Planung und
Sicherheit. Es bleibt bis heute eine offene Frage, ob die Industrie
sich nach dem Verzicht stärker auf Gasstrom oder auf Importatomstrom
einrichten wird“, sagte Ochmann.
Wenn das Verhältnis der Unternehmen zum Regierungsbeschluss
relativ unklar ist, wird die Bevölkerungsposition eindeutig
ausgedrückt. „Deutsche Bürger sind sehr kritisch gegen Atomenergie
eingestellt. Leute haben Angst nicht nur vor den Atomkraftwerken hier
im Lande, sondern auch vor denjenigen, die sich in den Nachbarländern
befinden“, betonte der Analytiker.
Die Umfragen zeigen, dass die Mehrheit der deutschen Bevölkerung
gegen den Atomkraftwerkbau in Polen ist. Deswegen zweifelt der
Experte daran, dass die Bevölkerung damit einverstanden wird,
Atomenergie in Russland einzukaufen. Einer von zwei Reaktoren des
Baltischen Kernkraftwerkes, das nur für den Export geplant ist, wird
in 2018 erbaut. „Für Deutschland würde es schwierig sein, gegen das
AKW in Polen zu protestieren, aber gleichzeitig Atomenergie von den
russischen Atomkraftwerken zu importieren“, meint Ochmann. Dabei
kauft Deutschland zurzeit Atomstrom in Frankreich und zeitweise in
Tschechien ein.
Der Experte ist aber eindeutig davon überzeugt, dass die
Strompreissteigerung kein Argument für die Bevölkerung sein wird, um
den Atomenergieimport zu akzeptieren. „Leute in Deutschland sind
heute bereit, mehr zu zahlen, um dabei sicher zu sein, dass der Strom
sauber, nämlich frei von der Atomenergie ist. Deswegen gibt es heute
für das Baltische AKW in Kaliningrad fast keine Chancen“, sagt er.
Aber alles kann in zehn Jahren geändert werden, wenn die Preise so
hoch steigen werden, dass die Menschen weniger die
Umweltschutzaspekte berücksichtigen werden.
Rückfragehinweis:
Denis Pleshchenko 10-line V.O. 3, Sankt Petersburg, 197110
Tel.: 007 911 985 6237, e-mail: dp@cirp.ru
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