
Die Arbeitswelt ist im Wandel: Knappe Ressourcen, neue Erwartungen, technologische Perspektiven (KI). Genau darum ging es bei der Veranstaltung von DIE FAMILIENUNTERNEHMER mit dem Titel „Weniger Mitarbeiter, mehr Output? Der neue Spagat im Mittelstand“ in der Bergischen IHK in Wuppertal.
Gastgeberin Carmen Bartl-Zorn, Geschäftsführerin des Geschäftsbereichs Aus- und Weiterbildung der IHK, wies in ihrer Begrüßungsrede vor mehr als 30 Gästen darauf hin, dass der Fachkräftemangel auf vielen Positionen deutlich spürbar sei: „Allein im Bergischen Dreieck fehlen 9.000 Fachkräfte.“
Lothar Grünewald, Vorstand von DIE FAMILIENUNTERNEHMER, betonte, dass mittelständische Unternehmen gerade heute unter enormem Veränderungsdruck stehen – mit Folgen: „Der Fachkräftemangel erschwert die Planung und Entwicklung verlässlicher Teams. Zudem bringt der gesellschaftliche Wertewandel neue Erwartungen an Arbeitgeber mit sich – Stichwort Sinn, Flexibilität und Selbstverwirklichung. Gleichzeitig wächst der Druck, Effizienz und Produktivität zu steigern, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können.“ Diese Entwicklungen, so Grünewald, verlangen nach neuen Denkansätzen, agilen Lösungen und einer wertebasierten Unternehmenskultur. „Gerade Familienunternehmen spielen dabei eine zentrale Rolle – sie geben Kultur, Haltung und Richtung vor. Und sie sind es, die den Wandel aktiv gestalten können – und müssen.“
In seinem Vortrag mit dem Titel „Wer hat heute noch Lust zu was? – Das HR-Paradox als erfolgskritische Herausforderung im Mittelstand“ machte Speaker Prof. Dr. Bernd Glazinski, Wirtschaftspsychologe mit internationaler Erfahrung und Gründer des German Institute Wilhelm von Humboldt University in Guinea-Bissau, darauf aufmerksam, dass wir in einer Zeit leben, in der sich viele Gewissheiten, gerade auch am Arbeitsmarkt, geändert haben. Allein der demografische Wandel führe zu einer neuen Situation – Angebot und Nachfrage gebe es eben auch auf dem Arbeitsmarkt. Oft heiße es, die junge Generation sei nicht leistungsbereit.
Prof. Dr. Glazinski bat um Verständnis für die so oft gescholtene junge Generation. Seine Begründung: „Wir haben sie selbst erzogen, sie sind in Wohlstand groß geworden, haben nie Mangelerfahrungen gemacht und müssen sich nun in einer Welt mit Kriegen, Klimawandel und diversen Krisen zurechtfinden.“ Er fuhr fort: „Die Welt ist im Gegensatz zu früher nicht mehr nur kompliziert, sondern komplex. Und Komplexität erzeugt Unsicherheit. Die muss reduziert werden durch Sinnstiftung. Jede Organisation und jedes Unternehmen braucht einen Sinn, der einen mitnimmt.“ Seine Forderung: „Wir müssen versuchen, die junge Generation zu verstehen. Die Kernfrage dabei lautet: Was treibt sie an? Die junge Generation möchte zu einem besseren Klima beitragen. Sie möchte nachhaltig agieren, sich richtig ernähren, zum Weltfrieden beitragen und sich korrekt verhalten. Sie ist technologieaffin und hat zudem individuelle Wünsche, zum Beispiel Arbeiten im Homeoffice“. Sein Ratschlag: „Unternehmer sollten nicht jammern, sondern auf die junge Generation eingehen und damit für sie attraktiv werden. Die Währung ist nicht mehr nur Geld, sondern eine neue Sinnstiftungskultur.“
Der Experte bilanzierte: „Es gibt einen Paradigmenwechsel: Statt Zufriedenheit durch Leistung – Leistung durch Zufriedenheit.“ Er schloss mit dem positiven Ausblick: „Das kann gelingen.“
Im Anschluss an den Vortrag gab es eine angeregte, teils hitzige Diskussion, die zeigte, dass das Thema den Unternehmern tatsächlich unter den Nägeln brennt.
Prof. Dr. Bernd Glazinski studierte Psychologie, Pädagogik und klassische Philologie, war Professor für Wirtschaftspsychologie und Personalmanagement an der Rheinischen Hochschule in Köln und selbständiger Coach für Führungskräfte. Die letzten Jahre verbrachte er im westafrikanischen Guinea-Bissau. Dort gründete er 2021 das German Institute Wilhelm von Humboldt University, wo er auch als Institutsdirektor tätig war. Zudem engagierte er sich unternehmerisch im Rahmen von landwirtschaftlichen Projekten. Derzeit lebt er in Köln und arbeitet als Berater.
DIE FAMILIENUNTERNEHMER folgen als die politische Interessenvertretung für mehr als 180.000 Familienunternehmer den Werten Freiheit, Eigentum, Wettbewerb und Verantwortung. Die Familienunternehmer in Deutschland beschäftigen in allen Branchen über acht Millionen Mitarbeiter und erwirtschaften jährlich einen Umsatz in Höhe von 1.700 Milliarden Euro. Der Landesbereich Nordrhein-Westfalen reicht bis ins südwestliche Niedersachsen und unterteilt sich in zehn Regionalkreise.
Foto: v.l.n.r.: Prof. Dr. Bernd Glazinski, Lothar Grünewald, Christa Stein, Vorstandsmitglied DIE FAMILIENUNTERNEHMER, Carmen Bartl-Zorn, Cedric Schütz, geschäftsführender Gesellschafter Grünewald Consulting GmbH, und Nils Rochholl, Vorstandsmitglied DIE FAMILIENUNTERNEHMER; Rechte: DIE FAMILIENUNTERNEHMER/IHK; Fotograf: Malte Richter Fotografie