Anlässlich der Vorstellung des Fahrplans für den European Green
Deal erklärte Prof. Klaus-Dieter Scheurle, Präsident des Bundesverbandes der
Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL): „Wir begrüßen, dass die Europäische
Kommission einen Fahrplan für den Klimaschutz vorlegt. Luftverkehr findet in
einem intensiven weltweiten Wettbewerb statt. Deswegen brauchen wir beim
Klimaschutz statt eines Flickenteppichs von nationalen Alleingängen ein
geordnetes internationales Vorgehen. Wir brauchen in der Tat beherzte und
entschlossene Entscheidungen der EU zur Förderung des Luftverkehrs bei der
Markteinführung von CO2-neutralen Kraftstoffen, denn ohne eine mutige
industriepolitische Initiative der EU kommt das nicht voran. Bei der
CO2-Bepreisung warnen wir eindringlich vor europäischen Alleingängen. Das
schadet wirtschaftlich und ist klimapolitisch kontraproduktiv. Denn solche
Alleingänge verschieben den Luftverkehr nur zu Wettbewerbern aus Drittstaaten.“
Die von der EU-Kommission vorgeschlagene Verschärfung des Emissionshandels, nach
der die Fluggesellschaften für Zertifikate mehr als bislang geplant zahlen
müssten, ist kontraproduktiv, weil sie in ein funktionierendes marktbasiertes
System eingreift und so Rechts- und Planungssicherheit für alle Beteiligten
konterkariert. Der marktbasierte Mechanismus des Emissionshandels wirkt und
setzt deutliche Anreize, Emissionen zu reduzieren. So hat sich der
Zertifikatepreis im Emissionshandel in den letzten zwei Jahren mehr als
verfünffacht und steht heute bei rund 25 Euro pro Tonne CO2. Der Anteil der
Zertifikate, die käuflich erworben werden müssen, steigt kontinuierlich.
Inzwischen müssen unsere Unternehmen bereits den überwiegenden Anteil der
Zertifikate kaufen. In Europa ist der Luftverkehr bereits seit 2012 als einziger
Verkehrsträger in den Europäischen Emissionshandel einbezogen. Das System stellt
sicher, dass die CO2-emittierenden Unternehmen für ihre Emissionen zahlen müssen
und gleichzeitig die Emissionen aller in den Emissionshandel einbezogenen
Wirtschaftsbereiche bis 2030 um 43 Prozent reduziert werden.
Statt hier ein funktionierendes System zu verschärfen, sollte die EU das
Emissionshandelssystem mit dem globalen Klimaschutzinstrument CORSIA abstimmen.
Das völkerrechtlich verbindliche System CORSIA stellt sicher, dass auch der
internationale Luftverkehr ab dem kommenden Jahr CO2-neutral wächst. Was noch
aussteht ist die Abstimmung der beiden Instrumente, so dass sichergestellt ist,
dass es nicht zu einer unzumutbaren Doppelbelastung der europäischen
Marktteilnehmer kommt.
Die deutsche Luftverkehrswirtschaft begrüßt ausdrücklich, dass die Kommission
als Teil ihrer Klimaschutzstrategie Maßnahmen zur Förderung von alternativen
Kraftstoffen im Verkehrssektor vorsieht. Nur mit synthetischen Kraftstoffen auf
Basis von regenerativen Energien lässt sich das Fliegen mittel- bis langfristig
CO2-neutral gestalten. Es ist richtig, dass nun auf europäischer Ebene die
Weichen dafür gestellt werden, die notwendigen Produktionskapazitäten zu
schaffen, also Anlagen zu bauen. Geklärt werden muss aber auch die Frage, wie
diese alternativen Kraftstoffe dann in den Markt gebracht werden, obwohl der
Preis derzeit noch drei- bis fünfmal höher ist als der von herkömmlichem
Kerosin. Neben Fördermaßnahmen sind hier auch Abnahmequoten in der Diskussion.
„Eine verbindliche Quote für die Beimischung von regenerativen Kraftstoffen muss
international mit den Hauptwettbewerbsländern des europäischen Luftverkehrs
abgestimmt sein. Unterbleibt dies, dann hätte eine Quote fatale Folgen für die
Wettbewerbsfähigkeit europäischer Fluggesellschaften und von Drehkreuzflughäfen
in Europa“, so Prof. Scheurle.
Bei der CO2-Besteuerung warnt der Verband vor allen Vorschlägen für eine
nationale oder europäische Kerosinbesteuerung. Das wäre ein klimapolitischer
Irrweg, der zu mehr statt zu weniger Emissionen führt. Fluggesellschaften
würden, wo immer sie können, in Drittstaaten tanken und den billigeren
Kraftstoff in die EU transportieren. Unternehmen wie Turkish Airlines oder
Emirates könnten bei ihrem Einflug in die EU Kraftstoff für den Rückweg gleich
mitnehmen und würden die Steuer so umgehen können. Neben den negativen Effekten
auf die CO2-Bilanz des Fliegens würde eine Kerosinbesteuerung im europäischen
Alleingang auch im Wettbewerb zu großen Verwerfungen führen, denn aufgrund der
ungleichen Besteuerung könnten die Fluggesellschaften aus Drittstaaten deutlich
günstigere Tickets anbieten. Hierzu Prof. Scheurle: „Statt des Irrweges einer
europäischen Kerosinsteuer wird andersherum ein Schuh daraus: In der EU sollten
einzelne bestehende nationale Luftverkehrsteuern, wie die in Deutschland
bestehende, durch eine Entscheidung der EU zur Einführung dieser Steuern in
allen EU-Mitgliedstaaten ersetzt werden.“
Fortschritte bei der Modernisierung der Flugsicherungsdienste könnten die
CO2-Emissionen im europäischen Luftraum signifikant reduzieren. Die Umsetzung
des Single European Sky ist eine wichtige Klimaschutzmaßnahme für den
Luftverkehr, die sofort wirkt. Daher sollte die Weiterentwicklung des
europäischen Flugsicherungsraums ein ganz wesentlicher Baustein bei der
Klimaschutzstrategie der EU sein.
Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) wurde 2010 als
gemeinsame Interessenvertretung der deutschen Luftverkehrswirtschaft gegründet.
Mitglieder des Verbandes sind Fluggesellschaften, Flughäfen, die DFS Deutsche
Flugsicherung und weitere Leistungsanbieter im deutschen Luftverkehr. Die
Mitgliedsunternehmen beschäftigen mehr als 180.000 Mitarbeiter. Die deutsche
Luftverkehrswirtschaft ermöglicht Mobilität für jährlich über 200 Millionen
Fluggäste und trägt mit dem Transport von Außenhandelswaren im Wert von über 200
Milliarden Euro zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland bei.
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