Filmarchiv Austria übernimmt Hedy-Lamarr-Nachlass aus der Konkursmasse von René Benkos Signa Holding

Filmarchiv Austria übernimmt Hedy-Lamarr-Nachlass aus der Konkursmasse von René Benkos Signa Holding
 

Nachdem das groß angelegte Projekt »Kaufhaus Lamarr«, die Errichtung eines von René Benkos Signa Holding geplanten Luxus-Shopping-Tempels auf der Wiener Mariahilfer Straße spektakulär gescheitert ist, blieb auch das Schicksal des von Signa erworbenen Nachlasses der legendären österreichischen Hollywood-Schauspielerin Hedy Lamarr (1914–2000) ungewiss. Nun ist es dem Filmarchiv Austria gelungen, diesen vielleicht bedeutendsten Filmnachlass der letzten Jahre zu erwerben und damit für Österreich zu sichern.

»Mit der Übernahme dieser einzigartigen, aus über 800 Objekten bestehenden Sammlung verbindet das Filmarchiv Austria den Auftrag, diesen Bestand wieder in einen kulturellen Kontext einzubetten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der ideelle Wert des Nachlasses, der österreichische und internationale Film- und Zeitgeschichte repräsentiert, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Das wichtigste Anliegen des Filmarchiv Austria ist es dabei, die herausragende Persönlichkeit Hedy Lamarrs als Filmschauspielerin und Erfinderin gebührend zu würdigen und dauerhaft in Erinnerung zu behalten.«

(Ernst Kieninger, Direktor Filmarchiv Austria)

Hollywood-Superstar

Hedy Lamarrs außergewöhnliche Karriere begann unter ihrem Mädchennamen Hedy Kiesler in Wien, durch Max Reinhardt kam die Tochter einer bürgerlichen jüdischen Familie zum Theater, ab 1930 übernahm sie Filmrollen. Schlagartig berühmt wurde Hedy Kiesler 1933 als Hauptdarstellerin in EKSTASE. Die berühmte Nacktszene sowie eine Nahaufnahme, bei der sie einen Orgasmus mimte, führten zum Verbot des Films in NS-Deutschland. 1937 flüchtete sie vor dem drohenden Nationalsozialismus über Paris nach London. Dort nahm sie MGM-Boss Louis B. Mayer unter Vertrag. Unter dem neuen Künstlernamen Hedy Lamarr sollte sie zu einem der größten Hollywood-Stars und zur »schönsten Frau der Welt« aufgebaut werden.

Ab 1938 prägte Hedy Lamarr viele Hollywood-Produktionen, zu weltweiten Erfolgen und Filmklassikern wurden u. a. ALGIERS (USA 1938), COMRADE X (mit Clark Gable, USA 1940), H. M. PULHAM, ESQ. (1941), ZIEGFELD GIRL (mit James Stewart und Judy Garland, USA 1941) TORTILLA FLAT (mit Spencer Tracy, USA 1942), DISHONORED LADY (USA 1947), SAMSON AND DELILAH (1949) oder MY FAVORITE SPY (mit Bob Hope, USA 1951).

Erfinderin im Kampf gegen das NS-Regime

Hedy Lamarrs Gegnerschaft zum Nationalsozialismus motivierte sie zu einem ganz direkten und ungewöhnlichen Engagement im Kampf gegen Hitler-Deutschland. 1940 entwickelte sie in Zusammenarbeit mit George Antheil eine Funkfernsteuerung für Torpedos, die sie zum Patent anmeldete. Damit schuf sie ein innovatives Frequenzsprung-Verfahren, das als Wegbereiter der heutigen Bluetooth-Technologie gilt. Erst spät würdigte man Hedy Lamarrs wissenschaftliche Verdienste. 1997 erhielt sie den Pionier Award der Electronic Frontier Foundation, 2014 wurde sie in die National Inventors Hall of Fame in Ohio aufgenommen. Seit 2018 verleiht die Stadt Wien den Hedy-Lamarr-Preis jährlich an österreichische Wissenschaftlerinnen für innovative Leistungen in der Informationstechnologie.

Nachwirkungen

Durch das engagierte Wirken von Hedy Lamarrs Sohn Anthony Loder ist es gelungen, das Lebenswerk der Schauspielerin und Erfinderin in breiter Form zu dokumentieren. Zunächst wurde der von Anthony Loder gepflegte Nachlass 2021 an das Jüdische Museum verkauft, auch um dem Wunsch der Familie zu entsprechen, diesen in die Heimatstadt Lamarrs, nach Wien zu bringen. Nachdem sich das Versprechen, ein Hedy-Lamarr-Museum zu begründen, nicht erfüllen ließ, musste dieser Kauf wieder rückabgewickelt werden.

2022 erwarb René Benkos Signa Holding den Nachlass, um damit ein geplantes Luxuskaufhaus in der Mariahilfer Straße mit dem internationalen Glamour der Hollywood-Diva zu positionieren. Nach dem spektakulären Konkurs der Signa Holding scheiterte dieses Vorhaben. Die Masseverwaltung lag nun bei der Kanzlei Stapf Neuhauser Rechtsanwälte GmbH; hier bemühte man sich um ein faires Verfahren, um den Nachlass von Hedy Lamarr und dessen kulturellen Wert in verantwortungsvoller Weise weiterzugeben. Das Filmarchiv Austria erhielt den Zuschlag, der Kaufpreis für den Nachlass sowie sämtliche Domains und Markenrechte lag deutlich unter jenem, den seinerzeit das Jüdische Museum und in weiterer Folge die Signa Holding bezahlt haben.

»Trotz der komplexen Rahmenbedingungen des Konkursverfahrens ist der transparente und strukturierte Verkaufsprozess sowohl den rechtlichen Anforderungen als auch dem kulturhistorischen Wert des Nachlasses gerecht geworden. Mit dem Erwerb durch das Filmarchiv Austria wird sichergestellt, dass die Sammlung dauerhaft öffentlich zugänglich bleibt, wissenschaftlich erschlossen und für zukünftige Generationen bewahrt wird.«

(Dr. Christof Stapf, Insolvenzverwalter Signa Holding GmbH)

Der Nachlass Lamarr im Filmarchiv Austria

Im Filmarchiv Austria wird der Nachlass Hedy Lamarr die bis dato größte und auch prominenteste Einzelsammlung bilden. Nach der physischen Übernahme wird die fachgerechte Neuaufstellung der Sammlung in der Filmarchiv-Zentrale im Wiener Augarten in die Wege geleitet. In Zusammenarbeit mit der Familie und Frau Dr. Danielle Spera, die sich seit Langem um einen dauerhaften Verbleib des Lamarr-Nachlasses in Wien bemüht, sollen neue Ausstellungs- und Präsentationsprojekte entwickelt werden. Schon 2026 ist geplant, einen Teil des Nachlasses in den Ausstellungsräumlichkeiten des vom Filmarchiv Austria betriebenen METRO Kinokulturhauses zu präsentieren.

Pressekontakt:

Filmarchiv Austria
Larissa Bainschab
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