Unternehmen aus verschiedenen Branchen dringen in
die Welt der Finanzdienstleistungen vor. Traditionelle
Wertschöpfungsquellen schrumpfen, strukturelle Vorteile der führenden
Finanzunternehmen schwinden und neue Produkte mit größerem
Kundennutzen werden oft in anderen Branchen entwickelt. Das geht aus
der 21. Ausgabe des State of the Financial Services-Report der
Strategieberatung Oliver Wyman hervor, der heute im Rahmen des
Weltwirtschaftsforums in Davos veröffentlicht wurde.
Heute, zehn Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise, geht es der
Branche vergleichsweise gut. Doch auch wenn das Geschäft läuft – die
Konkurrenz schläft nicht. Traditionelle
Finanzdienstleistungsunternehmen werden deutliche Fortschritte beim
Kundennutzen machen müssen. Andernfalls riskieren sie, dass das
Interesse der Kunden zu Firmen aus anderen Bereichen abwandert, in
erster Linie zu den sogenannten „Big-Tech“-Unternehmen wie Google,
Amazon oder Alibaba, die mit einer beachtlichen Bandbreite
innovativer Technologien im Gepäck in die Welt der
Finanzdienstleister vordringen.
Dieser Gruppe erfolgreicher Big-Techs ist es gelungen, bedeutend
schneller neuen Kundennutzen zu schaffen als den
Finanzdienstleistern. „Im vergangenen Jahrzehnt haben die Big-Techs
nicht nur ihren Gewinn enorm gesteigert und ihre Kundenakzeptanz
ausgebaut. Es ist ihnen auch gelungen, die Spielregeln des
Wettbewerbs zu verändern“, sagt Finja Carolin Kütz, Deutschlandchefin
von Oliver Wyman. „Produkte stehen nicht mehr im Vordergrund, sondern
aktive Lösungen. Es geht weniger um den Vertrieb als um Konzepte zur
Lösung zentraler Kundenprobleme bei kontinuierlicher Verbesserung der
Kundenzufriedenheit,“ so Kütz weiter.
Erschwerend kommt für Finanzdienstleister hinzu, dass die
Zinseinkommen als historisch starke Ertragsquelle über die letzten
Jahrzehnte eingebrochen sind. Inwieweit hier in absehbarer Zeit auf
Besserung zu hoffen ist, ist ungewiss. Aber es gibt Hoffnung für die
Finanzdienstleister, wie die Oliver Wyman-Analyse unter 4000
Privatkunden zeigt. Denn gegenüber anderen Industrien haben sie einen
beträchtlichen Vorteil: sie genießen das Vertrauen ihrer Kunden. So
vertrauen 51 Prozent der Befragten darauf, dass ihr Anbieter in ihrem
Sinne handelt – gegenüber 39 Prozent bei Unternehmen, die nicht aus
der Finanzbranche stammen. Bei der Frage nach Sicherheit und Schutz
der eigenen Daten halten sogar 64 Prozent der Befragten
Finanzdienstleister für vertrauensvoller gegenüber 46 Prozent.
Der Kunde im Fokus
Entscheidend für Finanzdienstleister wird künftig sein, den Kunden
besser zu verstehen und entsprechend seiner Bedürfnisse zu beraten.
Bislang haben sich die etablierten Finanzinstitute auf drei
Kategorien des Finanzbedarfs konzentriert: Kreditvergabe/-aufnahme,
Vermögenssicherung und Vermögensbildung. Den Beratern von Oliver
Wyman zufolge haben Kunden heute jedoch ganz andere Bedürfnisse, auf
die es sich zu fokussieren gilt: Geldtransfer (wie Überweisungen und
Zahlungen), Ausgabenmanagement und Verbesserung des Einkommens. „Die
Ergebnisse der globalen Kundenumfrage zeigen, dass sich derzeit die
dringlichsten Kundenbedürfnisse auf die drei letztgenannten
Kategorien beziehen, die von Finanzdienstleistern derzeit noch nicht
breit abgedeckt werden“, erläutert Kütz.
„Finanzdienstleister, denen es gelingt, die Bedürfnisse der Kunden
abzudecken und sie erfolgreich zu managen, werden auch langfristig in
der Gunst der Kunden weit vorne liegen“ so Kütz. Die Berater gehen
von folgendem Szenario aus: Gelingt es einem Finanzdienstleister
einen durchschnittlichen deutschen Haushalt durch entsprechende
Beratung oder Apps dabei zu unterstützen, seine Ausgaben um vier
Prozent zu senken, schafft er sich damit einen jährlichen Mehrwert
von ca. 1188 Euro. Das entspricht in etwa den durchschnittlichen
jährlichen Ausgaben eines Haushalts für Gesundheit. Um einen analogen
Effekt aus sicheren Tagesgeld-Anlagen zu erwirtschaften, bräuchte man
rund 120.000 Euro an Kapitalstock oder alternativ bei riskanteren
Immobilienfonds immer noch knapp 24.000 Euro. „Genau hier verbirgt
sich unserer Einschätzung nach künftig das größte
Wertschöpfungspotenzial in der Finanzdienstleistungsbranche“, so Kütz
weiter. „Wenn es den Finanzdienstleistern gelingt, ihren
Vertrauensvorsprung gegenüber den Technologieunternehmen zu halten
und gleichzeitig den Bedürfnissen der Kunden zu entsprechen, sind sie
gegen Angriffe aus anderen Industrien gerüstet“, so das Fazit von
Kütz.
Über den State of the Financial-Services Report
Grundlage des Berichts bildet eine umfassende Primär- und
Sekundärforschung, einschließlich einer Umfrage von rund 4.000 Kunden
im Privatkunden Segment bezüglich der von Kunden wahrgenommenen
Wertschöpfung und ihrer unerfüllten finanziellen Bedürfnisse.
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Davina Zenz-Spitzweg
Communications Manager DACH
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