FT: Kommentar Flensburger Tageblatt: Der Feind in meiner Bank Verdeckte staatliche Ermittler sollen die Anlageberater bei deutschen Kreditinstitute kontrollieren

Kommentar Flensburger Tageblatt

Der Feind in meiner Bank

Verdeckte staatliche Ermittler sollen die Anlageberater bei
deutschen Kreditinstitute kontrollieren

Von Bernd Ahlert

Wer mit Zertifikaten der untergegangenen US-Investmentbank Lehman
Brothers Totalverlust erlitten hat, wer durch den „Geheimtipp“
seines Beraters bei der Aktienanlage viel Geld verloren oder mit
Immobilienfonds einen Reinfall erlebt hat, der weiß: Die
Anlageberatung von Banken, Sparkassen oder Volksbanken ist oftmals
„jämmerlich“. Das zumindest attestierte die Stiftung Warentest erst
im Sommer dieses Jahres den deutschen Kreditinstituten nach
Probeberatungen. Nach demselben Schema will jetzt
Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner vorgehen: Den Anlageberatern
soll mit Hilfe verdeckter Ermittler genauer auf die Finger geschaut
werden. Nach der Finanzmarktkrise kann sich die Ministerin des
Beifalls durch das geneigte Sparerpublikum sicher sein. Lauter kleine
Regierungsagenten sollen vom kommenden Jahr an als Anleger-007
getarnt schlechten Bankberatern nachspüren und gnadenlos die
Defizite und Vergehen der Geldprofis offen legen. Gut so! Die Frage
ist nur: Was kommt danach? Das verrät die Ministerin nicht. Werden
die schwarzen Schafe der Zunft mit Namen und Bild öffentlich im
Internet an den Pranger gestellt oder erhalten sie gar Berufsverbot?
Wird besonders schlecht beratenden Geldhäusern die Banklizenz
entzogen? Natürlich nicht. Schon jetzt drohen Geldstrafen von bis zu
50000 Euro, wenn bei der Beratung kein Risikoprofil erstellt wird,
wenn nicht nach den Vermögensverhältnissen oder der
Anlageorientierung des Kunden gefragt wird. Allerdings: Eine
flächendeckende Überwachung von Beratungsgesprächen ist gar nicht
möglich. Mit staatlich verordneten Stichproben können allenfalls
Nadelstiche gesetzt werden. Das Grundproblem einer Falschberatung
aus Unwissenheit oder Vorsatz wird nicht gelöst. Und die Erfahrung
mit den Beratungsprotokollen, zu denen die Banken seit Anfang
dieses Jahres verpflichtet sind, hat gezeigt: Die schriftliche
Dokumentation schützt weniger die Verbraucher als vielmehr die
Banken, weil sie ihre Haftungsrisiken minieren können.

Pressekontakt:
Flensburger Tageblatt
Bernd Ahlert
Telefon: 0461 808-1040
ahl@shz.de