Die Bundesregierung will den Atomkonzernen
erlauben, ihre sieben ältesten und gefährlichsten Reaktoren bis zum
Ende ihrer Laufzeit ohne ausreichenden Schutz vor Flugzeugabstürzen
zu betreiben. Das geht aus dem Entwurf für einen neuen Paragraphen
des Atomgesetzes hervor, den Greenpeace heute öffentlich macht.
Greenpeace fordert Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) als obersten
Verantwortlichen für die Sicherheit der deutschen Atomkraftwerke auf,
sich gegen die Novellierung des Atomgesetzes auszusprechen und bei
der Kabinettssitzung am 28. September dem Entwurf die Zustimmung zu
verweigern.
„Minister Röttgen muss jetzt Farbe bekennen. Er kann sich nicht
öffentlich als Garant für die Sicherheit inszenieren und gleichzeitig
dafür einsetzen, dass selbst die ältesten Atommeiler mit ihren
hauchdünnen Hüllen nicht gegen einen Flugzeugabsturz geschützt werden
sollen“, sagt Tobias Münchmeyer, Atomexperte von Greenpeace. „Ein
Weiterbetrieb ohne Nachrüstungen wäre unverantwortlich. Röttgen muss
sich entscheiden, ob er Minister für die Umwelt oder die Atomkonzerne
sein will. Sicherheit kennt keine Kompromisse.“
In der Novellierung des Atomgesetzes ist ein neuer Paragraph 7d,
Absatz 2 vorgesehen, nach dem die Betreiber der Atomkraftwerke
„spätestens zehn Jahre“ nach Inkrafttreten des Gesetzes nachweisen,
„dass bautechnische Maßnahmen zum Schutz des Reaktorgebäudes vor
Flugzeugabstürzen […] verwirklicht sind“. Die von der
Bundesregierung vorgesehenen Reststrommengen für die sieben
Altreaktoren führen allerdings dazu, dass wahrscheinlich alle diese
Anlagen in den 24 Monaten vor erreichen dieser 10-Jahres-Frist vom
Netz gehen werden.
Deutsche Atomkraftwerke unzureichend gegen Flugzeugabstürze
geschützt
Deutsche Atomkraftwerke sind auch neun Jahre nach den
Terroranschlägen vom 11. September 2001 noch immer völlig
unzureichend gegen einen möglichen Angriff aus der Luft geschützt.
Die sieben ältesten Reaktoren würden nicht einmal dem Absturz einer
kleinen Verkehrsmaschine vom Typ Airbus A320 standhalten. Dieser
Flugzeugtyp ist nicht einmal halb so schwer, wie die bei den
Terroranschlägen verwendeten Boing 767. Bei der Ermittlung der
erforderlichen Schutzmaßnahmen für Atomanlagen hat das
Oberverwaltungsgericht Lüneburg erst im Juni dieses Jahres gefordert,
es müsse für den Schutz vor Flugzeugabstürzen das größte in Betrieb
befindliche Passagierflugzeug, der A380, zugrunde gelegt werden.
Dieser Flugzeugtyp wiegt vollgetankt siebenmal so viel wie ein Airbus
A320.
Die Bundesregierung hält weiterhin das Papier einer
Bund-Länder-Arbeitsgruppe geheim, dass einen abgestimmten „Katalog zu
den Sicherheitsanforderungen für Atomkraftwerke“ enthält. Greenpeace
fordert die sofortige Offenlegung dieses Dokuments. „Die gesamte
Wahrheit muss endlich auf den Tisch. Wir haben es satt, nur nach
Druck und scheibchenweise von der Regierung über ihre Atompläne
informiert zu werden“, sagt Münchmeyer.
Achtung Redaktionen: Für Rückfragen erreichen Sie Tobias
Münchmeyer unter Tel.: 0151-145 330 73 und Pressesprecher Jan Haase
unter Tel. 0171-870 06 75. Den Auszug aus dem Atomgesetz-Entwurf im
Wortlaut und eine Übersicht von Flugzeugtypen mit Gewicht und
Kerosinmenge finden Sie unter: http://bit.ly/awahvn