Industrie 4.0: Symbiose als Ziel

Die Themen –Digitalisierung– und –Industrie 4.0–
sind in den meisten Unternehmen omnipräsent. Und in Fabriken
unübersehbar: Neben Robotern hinter Schutzzäunen halten dort vermehrt
auch mensch-kooperierende Roboter Einzug. „Diese Entwicklung
verändert den Alltag und es ist wichtig, die in der Fabrik
arbeitenden Menschen schon früh in den Transformationsprozess
einzubinden.“, sagt Ulrike Noormann, in der Industrie tätige
Ergotherapeutin im DVE (Deutscher Verband der Ergotherapeuten e.V.).
Und erklärt, wie sie ihre Arbeit gestaltet, um Gesundheit,
Sinnhaftigkeit und Zufriedenheit am Arbeitsplatz in der Fabrikhalle
zu unterstützen.

Die Gründe, weshalb Roboter in Industriebetrieben nützlich sind,
liegen auf der Hand: sie sind Hilfsmittel, übernehmen in der
Fabrikhalle Arbeiten, die für Menschen körperlich zu schwer und auf
Dauer gesundheitsbelastend oder -schädigend sind wie Heben, Bewegen,
Lackieren oder Arbeiten in gefährlicher Umgebung und Ähnliches. Trotz
aller Entlastung machen sich die Arbeiter in den Fabriken Sorgen,
denn Maschinen und Roboter können immer mehr, sind wirtschaftlicher
als Menschen, werden nicht krank, arbeiten ohne Pause. Und sie sind
inzwischen zunehmend miteinander vernetzt, was Arbeit rückverfolgbar
transparenter macht und – so die Hersteller – sie sind für die
nahtlose Verbindung von digitaler und realer Welt und für eine
intelligente, industrielle Produktion notwendig. Die Ergotherapeutin
Ulrike Noormann arbeitet in der Industrie. Innerhalb der Planung ist
sie für betriebliche Gesundheitsförderung zuständig. Ihr Ziel im
Digitalisierungsprozess: eine verträgliche Symbiose für alle in der
Fabrik zu erreichen.

Einbeziehen: erhöht Akzeptanz bei Arbeitenden – auch für den
Einsatz von Robotern

Berufe und Tätigkeiten verändern sich, heute rasanter denn je.
Ebenso wie die Anforderungen an diejenigen, die sie ausüben.
„Ursprünglich war es meine Aufgabe, die Kollegen zu ergonomischem und
gesundheitsgerechtem Verhalten zu beraten“, blickt Noormann zurück
und freut sich in einem Industrieunternehmen zu arbeiten, das ihr die
Möglichkeit gibt, bereits bei der Produkt- und später bei der
Anlagenplanung ihre Vorstellungen von Ergonomie einbringen zu können.
Über solche präventiven Maßnahmen hinaus kann sie ihre Auffassung von
Ergotherapie umsetzen, gerade in den Fabrikhallen neben
gesundheitsgerechten Arbeitsplätzen verstärkt Partizipation
ermöglichen. Also von Anfang an die Kollegen mit ins Boot zu holen,
die dann später mit eben dem Produkt und an den Montagelinien
arbeiten, die gerade in Planung sind. „Die Arbeiter haben oft
jahrelange Erfahrung, wissen aus der täglichen Praxis was gut
funktioniert, welche Bewegungen und Körperhaltungen Probleme machen
oder welche Hilfsmittel tatsächlich hilfreich sind“, äußert sich die
Ergotherapeutin wertschätzend über ihre Kollegen. Sie weiß: Die
Akzeptanz und die Identifikation mit dem Unternehmen ist ungleich
höher, wenn die Mitarbeiter sich gehört fühlen und ihre Bedürfnisse
ernstgenommen werden. Durch Einbeziehen von Anfang an kann es
gelingen, dass eben auch ein Roboter der im Zuge von Industrie 4.0
geplant ist, von den Montagewerkern als Hilfsmittel und nicht als
„Konkurrenz“ akzeptiert, ja erwünscht und befürwortet wird.

Schnittstellenfunktion: verbindet Planung und Arbeitende in der
Fabrik

Fabriken zu planen ist komplex. Neben technischem Know-how und
Ingenieuren sind weitere Fähigkeiten und Positionen nötig. Alles muss
am Ende für die Menschen vor Ort passen: Die Arbeitsplätze an den
Montagelinien müssen funktional sein, dürfen aber nicht die
Gesundheit beeinträchtigen – das ist maßgeblich für den reibungslosen
Produktionsprozess, dafür, dass –es läuft–! Einer der Gründe, warum
die Ergotherapeutin Noormann, die ihre Tätigkeit als eine
Schnittstellenfunktion bezeichnet, einen großen Teil ihrer
Arbeitszeit vor Ort verbringt. Sie hört zunächst gut zu und probiert
dann gerne selbst aus, welche Arbeiten und Bewegungen ihre Kollegen
pro Schicht viele hundert Male machen müssen. Und beobachtet viel –
ein klassisches ergotherapeutisches Beurteilungsinstrument, das oft
sogar aussagefähiger ist als Befragungen. Sie ist angesehen bei ihren
Kollegen, die auf ihre Loyalität und ihren Sachverstand vertrauen,
denn ihre Ausbildung ist breit gefächert: Wissen aus
unterschiedlichen Bereichen wie Medizin und Sozialwissenschaften,
ergänzt durch Elemente aus Pädagogik, Psychologie und
(Arbeits-)Soziologie befähigt Ergotherapeuten generell, sowohl
gesundheitliche Notwendigkeiten als auch soziale und menschliche
Aspekte in ihre Arbeit einfließen zu lassen. Dazu gehört auch, den
Kollegen Ängste zu nehmen. Das gelingt der Ergotherapeutin Noormann
unter anderem dadurch, dass sie ihre Ideen aufgreift, um die Arbeit
und Abläufe besser zu gestalten. Und indem sie dem entgegenwirkt,
dass Prozesse nur deshalb verändert werden, weil das gerade
effizienzsteigernd ist. „Auch macht die Möglichkeit, eigene Ideen
einzubringen, etwas am eigenen Arbeitsplatz umstrukturieren oder
verbessern zu können, für viele –gute Arbeit– aus“, fasst die
Ergotherapeutin zusammen, wie aus Transformationsprozessen etwas
Positives entstehen kann.

Ausgleich schaffen: Balance aus Arbeit und anderen Aktivitäten

Ergotherapeuten fokussieren ihre Aufmerksamkeit auf den Alltag und
die Betätigungen, also das Tun und Handeln und in Summe darauf, dass
eine Balance der Aktivitäten, die das Leben prägen, gewahrt bleibt
oder wiederhergestellt wird. Im Fall der in der Industrie tätigen
Ergotherapeutin Ulrike Noormann heißt das, dass sie auch über die
Arbeit in der Fabrik hinaus berät; mit denen, die dafür offen sind,
schaut, wie sie eintönige, sich ständig wiederholende Tätigkeiten
oder andere Belastungen aus dem Arbeitsalltag –wegstecken–,
kanalisieren und loswerden können. So entwickelt sie mit ihnen
gemeinsam Ideen, welche ausgleichenden Betätigungen in der Freizeit
sie ausprobieren können, um für Körper und Psyche Entlastung und
Erholung zu erreichen. Oder sie bespricht mit ihnen, wie sie mit dem
durch die Schichtarbeit gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus besser
zurechtkommen, sich beispielsweise in der Nachschicht bekömmlich
ernähren, um am Tag leichter in den Schlaf zu kommen und so weiter.
Und – auch das ist typisch für Ergotherapeuten: Sie hakt nach,
verfolgt den Prozess, macht immer wieder Erfolgskontrollen um zu
prüfen, ob das Besprochene greift, Verbesserungen da sind oder sie
andere Ansätze finden muss.

Kontaktmöglichkeiten zu Ergotherapeuten, die sich auf Betriebliche
Gesundheitsförderung spezialisiert haben, bestehen über den
Fachausschuss Prävention und Gesundheitsförderung
fa-praevention@dve.info des DVE (Deutscher Verband der
Ergotherapeuten e.V.). Informationsmaterial zu vielen anderen
gesundheitlichen Themen erhalten Interessierte bei den
Ergotherapeuten vor Ort. Ergotherapeuten in Wohnortnähe:
https://dve.info/service/therapeutensuche

Pressekontakt:
Angelika Reinecke, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit des DVE e.V.
Telefon: 033335 303033, E-Mail: a.reinecke@dve.info

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