Julian Nida-Rümelin: „Im Augenblick reizt es mich wieder, mitzumischen“ / Der Philosoph im HOHE LUFT-Interview über politische Ambitionen in einem SPD-Kabinett

„Im Augenblick reizt es mich wieder, mitzumischen.
Vor allem, weil ich den Eindruck habe, dass Bildung und Kultur in
einer schwierigen Phase sind“, sagt Julian Nida-Rümelin im Interview
mit der Philosophie-Zeitschrift HOHE LUFT (Ausgabe 1/2013 ab morgen
im Handel). Ob er wieder in die Politik gehe – sollte der nächste
Kanzler Peer Steinbrück heißen? „Ich schließe es nicht aus“, so der
57-Jährige, der die Grenzen seiner eigenen Wissenschaftsdisziplin
kennt. „Die Philosophie an sich ist selten das eigentliche Movens für
kulturelle, politische oder gesellschaftliche Praxis. Philosophische
Einsicht reicht so gut wie nie aus“, weiß der Wissenschaftler mit dem
Spezialgebiet der praktischen Philosophie.

Erfahrungen im politischen Tagesgeschäft sammelte Nida-Rümelin als
Staatsminister für Kultur im ersten Kabinett von Bundeskanzler
Gerhard Schröder. Bildungspolitik, Wissenschaft und Kunst sind für
den politischen Philosophen Schlüsselthemen. „Das sind keine Marotten
einiger Kulturpolitiker. Es geht um die Frage, wie wir mit der neuen
Unübersichtlichkeit umgehen – mit den Aversionen, die Kulturen
gegeneinander entwickeln können“, sagt der gebürtige Münchner, der
sich im HOHE LUFT-Gespräch auch zu Wirtschaftsthemen äußert. „Die
Finanzkrise ist das Dokument einer missverstandenen ökonomischen
Rationalität. Es ist ein Modell organisierter
Verantwortungslosigkeit.“ Das Modell des Homo oeconomicus sei nicht
nur empirisch unhaltbar, so Nida-Rümelin, sondern auch ein
fragwürdiges Ideal: „Das Modell des anständigen Kaufmanns ist bei den
jungen Managern völlig out. Wenn man einigen Generationen von
BWL-Studenten sagt: Wir wissen zwar alle, dass wir nicht perfekt
rational sind, aber idealiter solltet ihr so sein, dann darf man sich
nicht über die kulturelle Wirkung wundern – und darüber, dass einige
Zombies aus dieser Schule hervorgehen, die dann vor allem in die
Londoner City oder in die Hedgefonds streben.“

Der ehemalige Kulturreferent der bayrischen Landeshauptstadt weiß
um die konkreten Herausforderungen der politischen Praxis im medialen
Zeitalter: „Fast alles, was getan wird, spielt als solches keine
Rolle, sondern nur, wie es medial vermittelt wird. Silvio Berlusconi
ist ein Medienpolitiker, wie es ihn nie zuvor gegeben hat und
vermutlich auch nie mehr geben wird. Er entsprach wirklich dem
postmodernen Imperativ, wonach es nur um die Botschaft geht.
Anständige Politiker versuchen, in der Praxis das Richtige zu tun und
es dann auch medial abzubilden. Aber das ist eine gefährliche
Gratwanderung. Denn diejenigen, die ihre Arbeit tun und den Effekt
vernachlässigen, sind schnell aussortiert“, sagt Julian Nida-Rümelin
im Interview mit HOHE LUFT (www.hoheluft-magazin.de).

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