Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger hat angesichts der neuen gewaltsamen Unruhen vor einer Idealisierung des arabischen Frühlings gewarnt. Der „Bild-Zeitung“ (Montagausgabe) sagte Kissinger: „Ich habe den arabischen Frühling nie so wahrgenommen, wie er in weiten Teilen der westlichen Welt und der Medien gesehen wurde.“ In Ägypten hätten 75 Prozent der Wähler für Muslimbrüder und radikale Islamisten gestimmt, so der 89-jährige Friedensnobelpreisträger. „Das bedeutet nicht, dass man keine guten Beziehungen zu Ägypten haben kann – das war und ist im Interesse beider Staaten. Dennoch leben wir nicht unbedingt in der gleichen Wertegemeinschaft.“ Kissinger wies weiter darauf hin, dass die Entwicklung in der arabischen Welt hin zur Demokratie „ein sehr langsamer Prozess“ sei: „Es ist so gut wie unÂmögÂlich, dass aus politischen ParÂteiÂen, die das SchaÂria-Recht verÂteiÂdiÂgen, demokratische Parteien werÂden“, sagte er der „Bild-Zeitung“. „Das ist das DiÂlemÂma, das wir im MoÂment haÂben, da dürÂfen wir uns nichts vormachen. Wenn man darauf beÂsteht, dass Staat und ReÂliÂgiÂon idenÂtisch sind, ist es fast unÂmögÂlich, dass sich anÂdeÂre MeiÂnunÂgen entÂfalÂten können.“ Zu den neuen Protesten sagte Kissinger: „Es ist doch eiÂne absurde SiÂtuaÂtiÂon, dass ein kleiÂnes ViÂdeo, das in AmeÂriÂka nieÂmand kannÂte, von dem die US-Regierung nichts wussÂte, zu solÂchen Gewaltausbrüchen führt.“ Kissinger, der am Samstag das Bundesliga-Spiel der SpVgg Greuther Fürth gegen Schalke besuchte, nutzte seinen Deutschland-Besuch auch für ein einstündiges Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel. Über sie sagte er der „Bild-Zeitung“: „Sie ist eiÂne alÂte FreunÂdin. Ich kenÂne sie seit vieÂlen JahÂren und bewundere sie.“ Ferner sprach sich Kissinger für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses aus. „1946, als junÂger Mann, haÂbe ich erstÂmals Berlin beÂsucht. DaÂmals war das Schloss ein TrümÂmerÂhauÂfen. SpäÂter haÂbe ich auf BilÂdern geÂseÂhen, wie es im 19. JahrÂhunÂdert ausÂsah. Als ich dann im Jahr 1993 einÂmal zu BeÂsuch war, war geÂraÂde die Schloss-Attrappe inÂstalÂliert worÂden. Das hat mich sehr beÂwegt und mein Bewusstsein daÂfür geÂschärft, was für ein wichÂtiÂges SymÂbol das Schloss ist“, so Kissinger.
Auf Facebook teilen
Follow on Facebook
Add to Google+
Verbindung zu Linked in
Subscribe by Email
Drucken