
Die Niederlage des liberalen Rafal Trzaskowski ist ein schwerer Rückschlag für das Regierungslager. Zwar ändert sich mit der Wahl von Karol Nawrocki zum Staatspräsidenten nichts an den komfortablen Mehrheiten für die Regierenden im Sejm oder im Oberhaus (Senat), aber der politisch recht breit gefächerte Regierungsbogen gerät unter erhöhten Druck. Schien es bisher aussichtslos, viele Versprechen vom Herbst 2023 umzusetzen, weil Andrzej Duda im Präsidentenpalast mit dem Veto alles blockieren konnte, was nicht in das enge nationalkonservative Korsett passte, so wird sich daran mit dem neuen Präsidenten nichts ändern. Im Gegenteil: Nawrocki ist eine politische Erfindung von Jaroslaw Kaczynski, er wird dessen politischen Willen peinlich genau umsetzen. Kaczynski hat nun drei Präsidenten ins Amt gebracht: 2005 seinen Zwillingsbruder Lech, 2015 Duda, jetzt Nawrocki.
Die Nawrocki-Wahl ist ein unheilvoller Vorbote für die nächsten Parlamentswahlen, die turnusmäßig im Herbst 2027 folgen. Bislang hatten die demokratischen Gegner der Nationalkonservativen wenigstens einen Trost, denn das von Kaczynski geführte Lager zeigte sich wenig kompromissbereit, war kaum koalitionsbereit. Es musste allein auf weiter Flur für die erforderliche Mehrheit sorgen, was im Herbst 2023 schiefging. Jetzt haben die Nationalkonservativen bewiesen, den politischen Schulterschluss mit den ganz rechts agierenden Nationalisten eingehen zu können. Zusammengerechnet hatte man rechts vom Kaczynski-Lager beim ersten Wahlgang über 20 Prozent der abgegebenen Stimmen eingesammelt. Die wurden für die Stichwahl nun ins Boot geholt, die störenden Unterschiede – zum Beispiel bezüglich EU und Ukraine – wurden einstweilen in den Skat gedrückt.
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