Der dbb warnt angesichts der aktuellen Debatte über
die von der Bertelsmann-Stiftung geforderte Schließung von
Krankenhäusern vor profitgetriebenen Schnellschüssen in der
medizinischen Versorgung.
Rund die Hälfte der Krankenhäuser in Deutschland sollte aus
versorgungsökonomischen Gründen geschlossen werden, fordert eine
aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung und hat damit eine breite
Diskussion über die Zukunft der medizinischen Versorgung ausgelöst.
Der dbb begrüßt die Debatte, übt jedoch Kritik an der pauschalen
Forderung zum Klinikabbau. „Die öffentlichkeitswirksame Forderung der
Bertelsmann-Stiftung widmet sich der Bekämpfung der Symptome von
Fehlanreizen in der Krankenhausfinanzierung, nicht jedoch den
Ursachen“, sagte dbb Chef Ulrich Silberbach am 16. Juli 2019 in
Berlin. Die im Jahr 2004 eingeführten diagnosebezogenen
Fallpauschalen (DRG) hätten dazu geführt, dass schwierige Eingriffe,
die eine hohe Routine erfordern, auch von Krankenhäusern durchgeführt
würden, „die aufgrund der geringen Fallzahlen einfach nicht die
Expertise haben können, die erforderlich ist“, machte Silberbach
deutlich. Aufgrund der hohen Fallpauschalen würden diese Operationen
jedoch aus Wirtschaftlichkeitserwägungen trotzdem durchgeführt. „Das
geht eindeutig zu Lasten der Patientensicherheit, und mit Blick
darauf ist es richtig und wichtig, gemeinsam die bestmögliche Lösung
zu finden“, sagte der dbb Bundesvorsitzende.
Forderungen nach großangelegten Krankenhausschließungen seien
nicht der richtige Weg, stellte Silberbach klar. „Im Gegenteil: Das
weckt überflüssigerweise Ängste sowohl bei der Bevölkerung,
insbesondere im ländlichen Raum, wo die Klinikdichte ohnehin sehr
unterschiedlich ist, als auch beim medizinischen Personal.“ Auch das
Argument, eine Ausdünnung der Häuser könne Abhilfe beim
Fachkräftemangel in der Pflege schaffen, sei gerade vor dem
Hintergrund der Diskussion um Mindestpersonalquoten in Krankenhäusern
abwegig. „Statt der pauschalen Schließung eines Großteils der Häuser
müssen die Abrechnungsmöglichkeiten für hochkomplexe Eingriffe noch
stärker an Mindestfallzahlen geknüpft werden, um die bestmögliche
Behandlung in einem entsprechend spezialisierten Haus
sicherzustellen“, forderte Silberbach. Mit der zwangsläufig folgenden
Spezialisierung einiger Kliniken werde sich eine „heilsame“
Diversifizierung in Spezial- und Grundversorgungs-Standorte
einstellen, zeigte sich Silberbach überzeugt. „Eine zentrale Rolle
müssen in der Versorgungslandschaft von morgen die Leitstellen
spielen, die gerade die Akutpatienten entsprechend ihrer
Behandlungserfordernisse sinnvoll auf die Spezial- bzw.
Grundversorgungshäuser in der jeweiligen Umgebung verteilen.“ Der dbb
hatte sich bereits bei der Anhörung zum Terminservice- und
Versorgungsgesetz für eine Entlastung der Notfallambulanzen
eingesetzt und Verbesserungen in der Patientensteuerung gefordert;
auch um das Personal vor Ort zu entlasten. „Hier haben wir noch nicht
alle Vorteile der Digitalisierung ausgeschöpft“, so Silberbach.
Auf gar keinen Fall dürfe man „dieses Feld den Finanzinvestoren
überlassen, die mit spezialisierten, profitorientierten
Versorgungszentren nur zu gerne die Stelle der Krankenhäuser in
öffentlicher Trägerschaft einnehmen würden“, warnte der dbb Chef vor
„profitgetriebenen Schnellschüssen“. Über allem müsse der Anspruch
auf die Sicherstellung der flächendeckenden medizinischen
Daseinsvorsorge stehen. „Egal ob hochkomplexe Operation oder
entzündeter Blinddarm: Alle Bürgerinnen und Bürger vertrauen zu Recht
auf eine qualitativ hochwertige, erfolgversprechende Behandlung, wenn
sie ins Krankenhaus kommen.“
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