Lausitzer Rundschau: Englisches Auswärtsspiel Der Papst in Großbritannien

Es ist der schwierigste Besuch, den Papst Benedikt
XVI. seit Langem absolvierte. Die Visite auf der britischen Insel ist
für das katholische Kirchenoberhaupt ein echtes Auswärtsspiel. Und
das liegt ausnahmsweise einmal nicht an den Untaten pädophiler
Priester, die auch in Großbritannien für Abscheu und Entsetzen
sorgten. Nein, es ist das schon seit den Zeiten Heinrichs VIII.
gespannte Verhältnis zur Church of England, das als dunkle Wolke über
der päpstlichen Visite hängt. Schließlich machte das katholische
Kirchenoberhaupt dem konservativen Flügel der Anglikaner erst im
vergangenen Jahr ein offenes Angebot zum Beitritt. Das belastet die
Beziehungen. Auch die gestrigen Gespräche etwa mit dem Erzbischof von
Canterbury, Rowan Williams, standen daher unter schwierigen
Vorzeichen. Ganz abgesehen davon, dass Atheisten und Kirchenkritiker
aller Couleur schon im Vorfeld lautstark gegen die Reise protestiert
hatten. Von der Drohung, den Papst verhaften zu lassen, über die
Frage, wer denn für die Kosten solch eines Besuches aufkommt, bis zu
den Ausfälligkeiten des nordirischen Pastors Ian Paisley, der das
katholische Kirchenoberhaupt schlicht als Antichrist bezeichnete, war
alles mit dabei. Doch es ist eine alte Beobachtung, die sich auch in
England wieder einmal zu bewahrheiten scheint: Immer dann, wenn die
Kritik am Schärfsten ist, läuft Papst Benedikt XVI. zur Hochform auf.
Schon auf dem Flug nach Edinburgh gestand er mit nie dagewesener
Deutlichkeit die Fehler im Missbrauchsskandal ein. Dass ein Papst von
eigenen Fehlern spricht, hat Seltenheitswert, auch wenn das Dogma der
päpstlichen Unfehlbarkeit bekanntlich nur für seine Aussagen in
Glaubensfragen gilt. Und mit seinen Äußerungen zu einem offenen
Dialog der Religionen und der Warnung vor einem aggressiven Atheismus
à la Richard Dawkins traf er den Nerv einer multikulturellen und
multireligiösen Gesellschaft, die den Papstbesuch schon in den
letzten Wochen zum Anlass für eine breite Debatte über die eigenen
Glaubenswelten nahm. Natürlich, die Begeisterung in England ist lange
nicht so groß wie beim Weltjugendtag in Köln, wo junge Katholiken aus
der ganzen Welt den Papst mit Benedetto-Rufen wie einen Popstar
feierten. Aber der Pomp und die teilweise auch anachronistische
Inszenierung eines Papstbesuchs scheinen auch die nüchternen Briten
zu bewegen, aller berechtigten Kritik am Vatikan zum Trotz.

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