Maßnahmen gegen den Pflegenotstand

– Robert Bosch Stiftung veröffentlicht Manifest „Mit Eliten
pflegen“ im Vorfeld des Deutschen Pflegetags
– Präsident des Deutschen Pflegerats fordert in Berlin bessere
Karrierechancen für Pflegekräfte
– Weitere Schritte zur Stärkung der Pflege: u.a. Übernahme von
hausärztlichen Routineaufgaben im ländlichen Raum und mehr
professionelle Autonomie

Das „Sofortprogramm Pflege“ im Koalitionsvertrag von Union und SPD
reicht nach Meinung einer von der Robert Bosch Stiftung GmbH
einberufenen Expertengruppe nicht aus, um den Pflegenotstand
abzuwenden. Um genügend Fachpersonal für die Pflege zu gewinnen,
müsse der Beruf insgesamt attraktiver werden und bessere
Karrierechancen bieten. Dies könne nur gelingen, wenn der Pflege mehr
und auch neue Verantwortung übertragen werde, beispielsweise durch
die geregelte Übernahme von ärztlichen Aufgaben der Primärversorgung
im ländlichen Raum und mehr professioneller Autonomie bei allen
Interventionen, die pflegerische Fachexpertise verlangen. Für das
Manifest „Mit Eliten pflegen“, das heute in Berlin vorgestellt wurde,
hat die 40 köpfige Expertenrunde eine Reihe weiterer Forderungen
erarbeitet, die zeigen, wie die Pflege sich weiterentwickeln muss und
welche Rahmenbedingungen dafür notwendig sind.

„Wir brauchen dringend attraktivere Karrierewege in der Pflege.
Dazu müssen wir das gesellschaftliche Bild der professionellen Pflege
ändern, das im Moment häufig darin besteht, gebrechliche Menschen
umzulagern und Essen zu reichen“, sagt Franz Wagner, Präsident des
Deutschen Pflegerats und Mitglied der Expertengruppe der Robert Bosch
Stiftung. In den vergangenen Jahrzehnten sei das Umfeld von
medizinischer Behandlung und Versorgung bei Pflegebedürftigkeit
erheblich komplexer geworden. Hinzu komme, dass der Bedarf an
pflegerischer Leistung in den kommenden Jahren rasant ansteigen
werde. Die Versorgungsqualität hänge daher vor allem von der
personellen Aufstellung in der professionellen Pflege und deren
Qualifikation ab. „Deutschland benötigt nicht nur mehr Fachpersonal
in der professionellen Pflege, sondern auch deutlich mehr akademisch
qualifizierte Pflegefachpersonen in der direkten Versorgung“, so
Wagner. Bereits 2012 habe der Wissenschaftsrat deshalb eine
Akademisierungsquote für die Pflege von 10-20 % empfohlen. Davon sei
Deutschland aktuell weit entfernt.

Professionelle Pflege soll mehr Verantwortung übernehmen

Eine zentrale Forderung der Experten: Pflegefachpersonen soll die
Verantwortung übertragen werden, die ihrer Qualifikation als
Fachpersonal entspricht. Vor allem die professionelle Pflege könne
einschätzen, was pflegebedürftige Menschen zur Bewältigung ihrer
Situation benötigen. Sie müsse daher auch befugt sein,
Versorgungsbedarf festzusetzen und Maßnahmen der häuslichen
Krankenpflege festzulegen. Darüber hinaus empfehlen die Experten,
Beratungsleistungen im allgemeinen Leistungskatalog der Pflege zu
ergänzen. Das helfe vor allem älteren Menschen und chronisch Kranken,
die häufig überfordert seien, wenn es darum gehe die vorhandenen
Leistungsangebote zu überblicken, mit den Anforderungen der Therapie
zurecht zu kommen oder an die nächste Grippeimpfung zu denken. Ein
weiterer Vorschlag betrifft die Sicherung der Gesundheitsversorgung
im ländlichen Raum. Dort könne eine Pflegefachperson hausärztliche
Routineaufgaben übernehmen, beispielsweise die Versorgung von
Bagatellerkrankungen und die medizinische Basisversorgung bei
Menschen mit chronischen Erkrankungen. Dies sei in vielen Ländern
längst üblich.

„Es ist an der Zeit, dass Deutschland auch in der Pflege zu
internationalen Standards aufschließt. Gerade was die Akademisierung
anbetrifft, liegen wir weit hinter vielen Ländern zurück“, sagt
Uta-Micaela Dürig, stellvertretende Vorsitzende der Geschäftsführung
der Robert Bosch Stiftung. Sogar in Großbritannien, dessen National
Health Service oft als Negativbeispiel herhalten müsse, sei die
Situation in dieser Hinsicht deutlich besser. Speziell ausgebildete
Pflegefachpersonen, sogenannte Clinical Nurse Specialists, betreuen
dort ihre Patienten weitgehend selbständig und rufen den Arzt erst
hinzu, wenn sich der Zustand verschlechtert. „Das Manifest soll
aufzeigen, welche Voraussetzungen Spitzenpflege braucht und warum
dringend mehr akademisch qualifizierte Pflegefachpersonen in allen
Bereichen der Versorgung notwendig sind. Wir hoffen, dass diese
Botschaft gehört wird und die entscheidenden Personen zum Umdenken
und zum Handeln anregt.“

360° Pflege – In der Praxis erprobte Lösungsansätze für die
Pflegebranche

Für das Manifest „Mit Eliten pflegen“ hat die Robert Bosch
Stiftung 40 Experten zusammengebracht. Dazu gehören Praktiker am
Patientenbett oder mit Personalverantwortung, Pflegewissenschaftler,
Ärzte, die das Thema mit interprofessionellem Blick bewerten und
Vertreter der Branche wie Franz Wagner, der Präsident des Deutschen
Pflegerats. Auf Einladung der Stiftung haben sie zuvor über zwei
Jahre in einem Praxisprojekt mit dem Titel „360° Pflege –
Qualifikationsmix für den Patienten“ an Lösungen und Strategien
gearbeitet, wie die Zusammenarbeit von Pflegefachpersonen mit
unterschiedlichen Ausbildungen im Team besser gelingen und die Pflege
durch neue Karrieremöglichkeiten attraktiver werden kann.

Der Titel des Manifests „Mit Eliten pflegen“ knüpft an die im Jahr
1992 erschienene Denkschrift „Pflege braucht Eliten“ der Robert Bosch
Stiftung an. „Pflege braucht Eliten“ war die Antwort auf den
Pflegenotstand Anfang der 1990er Jahre. Der Pflegeberuf sollte durch
Akademisierung wettbewerbsfähig, im internationalen Vergleich
anschlussfähig und auf die Herausforderungen des demografischen
Wandels vorbereitet werden. „Pflege braucht Eliten“ gab den Anstoß
für die Einrichtung einer Vielzahl von Pflegestudiengängen,
insbesondere im Bereich Pflegemanagement und Pflegebildung.

Das Manifest „Mit Eliten pflegen“ finden Sie online unter:

www.bosch-stiftung.de/pflegemanifest

Über die Robert Bosch Stiftung

Die Robert Bosch Stiftung GmbH gehört zu den großen,
unternehmensverbundenen Stiftungen in Europa. In ihrer gemeinnützigen
Arbeit greift sie gesellschaftliche Themen frühzeitig auf und
erarbeitet exemplarische Lösungen. Dazu entwickelt sie eigene
Projekte und führt sie durch. Außerdem fördert sie Initiativen
Dritter, die zu ihren Zielen passen.

Die Robert Bosch Stiftung ist auf den Gebieten Gesundheit,
Wissenschaft, Gesellschaft, Bildung und Völkerverständigung tätig. In
den kommenden Jahren wird sie darüber hinaus ihre Aktivitäten
verstärkt auf drei Schwerpunkte ausrichten:

– Migration, Integration und Teilhabe
– Gesellschaftlicher Zusammenhalt in Deutschland und Europa
– Zukunftsfähige Lebensräume

Die Robert Bosch Stiftung bekennt sich zu den Werten und dem
Vorbild ihres Stifters, Robert Bosch, und setzt dessen
philanthropisches Wirken fort. Mit mehr als 50 Jahren Erfahrung
verfügt sie in ihren Fördergebieten über ein breites Wissen, die
Qualifikation zur Entwicklung von Lösungen und ein umfangreiches
Netzwerk von Partnern, Experten und Praktikern.

Die Robert Bosch Stiftung ist alleinige Trägerin des Robert Bosch
Krankenhauses und der zugehörigen Forschungsinstitute in Stuttgart,
Institut für Geschichte der Medizin (IGM) und Dr. Margarethe
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des UWC Robert Bosch Colleges in Freiburg und der Deutschen
Schulakademie in Berlin. Die Robert Bosch Stiftung hält rund 92
Prozent der Geschäftsanteile an der Robert Bosch GmbH und finanziert
sich aus den Dividenden, die sie aus dieser Beteiligung erhält. Seit
ihrer Gründung 1964 hat die Robert Bosch Stiftung mehr als 1,4
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