Nach der Krise: Wird die Wirtschaft ethisch?

Das Wissenschaftsmagazin Zeitschrift für Psychologie / Journal of Psychology beschäftigt sich in der jüngsten Ausgabe als Schwerpunkt mit dem Zusammenhang von Ethik und ökonomischem Erfolg. In Forschungsberichten werden Zusammenhänge und Wirkungen zwischen ethischen Unternehmenswerten und wirtschaftlichem Erfolg diskutiert und belegt.

In einem der Beiträge mit dem Titel „Value Performance – On the Relation Between Corporate Culture and Corporate Success“ zeigt der Bonner Unternehmensberater Gregor Schönborn, wie erfolgreiche Unternehmen sich in zentralen unternehmenskulturellen Aspekten von nicht erfolgreichen Unternehmen unterscheiden und welche Dimensionen der Unternehmenskultur Erfolgsfaktoren sind.

Schönborn beschreibt Erfolgsunternehmen mit einem stärker ausgeprägten humanistischen Werteprofil. Die Werteorientierten Unternehmen sind zudem insgesamt lernfähiger, kreativer und innovativer. Die Ergebnisse der Zusammenhangs- und Wirkungsforschung aus 46 empirisch untersuchten Unternehmen zeigen, dass direkte, indirekte und wechselseitige Einflüsse zwischen Unternehmenskultur und Erfolg bestehen. Schönborn kommt zu dem Schluss, dass unternehmenskulturelle Erfolgsfaktoren bis zu 30 Prozent zum Geschäftsergebnis beitragen.

Unternehmensverantwortung im Sinne ethischer Prinzipien hat demnach bei den Mitarbeitern und Führungskräften erfolgreicher Firmen eine größere Bedeutung als bei der nicht erfolgreichen Konkurrenz. Das Konzept der Unternehmensverantwortung stelle nicht nur ein bedeutendes Unterscheidungsmerkmal zwischen erfolgreichen und nicht erfolgreichen Unternehmen dar, praktizierte Verantwortung für soziale, ökologische und ethische Ziele bieten den Mitarbeitern zudem Themen der Identitätsbildung mit „ihrem Unternehmen“, was wiederum zur Leistung motiviere.

Für die tägliche Praxis im Unternehmen ergeben sich wichtige Hinweise, so Schönborn. Eine wichtige Rolle in der Erfolgskultur spiele ein kompetenzorientiertes Klima. Hohe Kompetenz solle dabei auf die Weiterentwicklung vorhandener Stärken gerichtet sein. Dass faire Entlohnung und Leistungsanreize zur Mitarbeiterzufriedenheit beitragen, sei seit langem bekannt, doch komme es weniger auf kurzfristige, finanzielle Anreize, sondern mehr auf persönliche Wertschätzung des Chefs an.

Ethische und werteorientierte Unternehmensführung habe sich als eine der Auswirkungen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise weiter verstärkt, weil sich eine Nachfrage dafür entwickelt. Bereits 70 Prozent der Aktienanleger achten verstärkt auf Nachhaltigkeitskriterien bei ihrer Anlageentscheidung*. Ein Großteil der Vorstandsvorsitzenden der im Deutschen Aktienindex (DAX) gelisteten Unternehmen habe bereits im ablaufenden Geschäftsjahr 2010 verstärkt nicht finanzielle Bewertungskriterien wie Werteorientierung, Nachhaltigkeit und Ethik auf den Analystenkonferenzen hervorgehoben, um ihre Aktien attraktiv für Kapitalanleger darzustellen.

Die Auswirkung auf die Arbeitgeberattraktivität werde von vielen Unternehmen noch unterschätzt. Schönborn: „Reine Zahlen- und Profitorientierung werden nicht nur aus Sicht der Aktienanleger unchick, sondern können sich auch in naher Zukunft auf dem Arbeitsmarkt als echten Nachteil bei der Suche nach Fachkräften zeigen. Der Blick auf die Unternehmenskultur bei der Jobsuche ist inzwischen genauso wichtig wie die Karrierechance.“