„Wenn das restriktive Glücksspielrecht in
Deutschland nicht bald grundlegend und nachhaltig korrigiert wird,
werden innerhalb der nächsten fünf Jahre mindestens 750.000
Freizeitspieler allein aus dem Bereich des gewerblichen
Automatenspiels zu illegalen und staatlich nicht mehr
kontrollierbaren Spielangeboten abwandern. Berücksichtigt man auch
die Spieler, die nur gelegentlich an Automaten spielen, so dürften
wahrscheinlich sogar mehr als eine Million Bundesbürger durch
deutsche Gesetze in die Illegalität getrieben werden.“, so Professor
Dr. Dr. Peren, der zusammen mit Professor Dr. Clement am
Forschungsinstitut für Glücksspiel und Wetten, Bonn, die erste groß
angelegte Prognosestudie zu den realwirtschaftlichen Auswirkungen der
Neuregelung des Glücksspielwesens in Deutschland vorgelegt hat.
Spielen in Deutschland: hier Liberalisierung – dort Prohibition
Auf der einen Seite werde es, so begrüßen die Wissenschaftler,
durch die Liberalisierung des Sportwettenmarktes dazu kommen, dass
Bundesbürger, die derzeit in erster Linie über das Internet bei den
nach deutschem Recht noch illegalen Sportwettenanbietern ihre Wetten
platzieren, dies in Zukunft endlich auf dem legalen deutschen Markt
tun können. Dies setze allerdings voraus, dass die Erteilung der
Online-Lizenzen für Sportwetten, Poker und Casino-Spiele in
Deutschland nicht noch weiter verzögert werde.
Genau die gegenläufige Tendenz sei nach den Ergebnissen der Studie
allerdings im Bereich des gewerblichen Automatenspiels zu erwarten.
Der im letzten Jahr in Kraft getretene
Glücksspieländerungsstaatsvertrag und die entsprechenden
Landesregelungen für Spielhallen zielten auf eine grundlegende
Veränderung der Spielhallenstruktur in Deutschland ab. Spätestens mit
Ablauf von fünf Jahren werde, so weist die Studie nach, die Anzahl
der öffentlich nutzbaren Automatenspielgeräte in Spielhallen und
Gaststätten um mindestens 55% Prozent aufgrund der gesetzlichen
Vorgaben geschrumpft sein. Der Gesetzgeber zielt mit der Verknappung
von Spielangeboten auf eine Reduzierung des Geldgewinnspielkonsums.
Der globale Spielemarkt macht nicht an deutschen Grenzen halt
Mit realistischen Marktsimulationen bei sehr konservativ und
vorsichtig gesetzten Annahmen ging das Bonner Forscherteam in dieser
von der Deutschen Automatenwirtschaft in Auftrag gegebenen Studie der
Frage nach, ob und wie realistisch es ist, dass die mit den
gesetzlichen Beschränkungen angestrebte Reduzierung des
Geldgewinnspielkonsums faktisch erreicht wird. „Ein solch komplexer
Simulationsprozess mit Hilfe von Monte-Carlo-Simulationen ist
notwendig“, so Prof. Peren, „weil das Spiel mit und um Geld, nicht
nur an den in Spielhallen und Gaststätten aufgestellten Geräten,
sondern mit exakt denselben Spielinhalten, hier jedoch meist ohne die
gesetzlichen Beschränkungen von Einsatz und Gewinn, in illegalen
Spielclubs und besonders einfach erreichbar in einer fast
unüberschaubaren Angebotsfülle über das globale Internet möglich
sind.“
Spielprohibition fördert Illegalität
In der Studie wird der Frage nachgegangen, wie sich das
Spielverhalten verändert, wenn die gesetzlich beabsichtigte
Angebotsverknappung von gewerblich angebotenen Automatenspielen
wirksam würde. Das Ergebnis ist eindeutig: Neben den Spielern, die
das Automatenspiel mangels angemessener Angebote aufgeben müssten,
würden etwa eine Million Freizeitspieler an Automaten auf andere
Spielangebote ausweichen. Mindestens 750.000 davon dürften ihrem
Spielvergnügen dann mangels legaler Angebote in Deutschland am
nicht-regulierten Markt nachgehen – und dies regelmäßig. Wenn man
zudem die Spieler berücksichtigt, die nur gelegentlich an Automaten
spielen möchten, so dürften in Summe wahrscheinlich mehr als eine
Million Freizeitspieler durch deutsche Gesetze in die Illegalität
getrieben werden. Für Deutschland würde das bedeuten, dass der Staat
nicht nur jährlich auf etwa 1,7 Mrd. Euro an Steuern und
Sozialabgaben verzichten würde, sondern dass er bewusst insbesondere
gefährdete und pathologische Spieler in den illegalen und staatlich
nicht mehr kontrollierbaren Markt drängen würde. Ordnungs- und
sozialpolitisch ein zudem wahrscheinlich irreversibler Fauxpas. Denn
einmal in einen illegalen Markt migrierte Spieler mit deutlich höher
spielbaren Einsatzhöhen und Gewinnchancen wieder zurückzuholen in ein
legales, hier gar terrestrisches Angebot, das sich staatlich überaus
gut beobachten und kontrollieren lässt und über geschultes Personal
verfügt, dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit weitgehend unmöglich
sein.
Spieler sind souveräne Konsumenten, die sich nicht gängeln lassen
„Wenn die für das Glücksspielwesen verantwortlichen Politiker
glauben“, so kommentiert Prof. Peren dieses Ergebnis, „dass sich
durch eine Verminderung des Angebots an Automatenspielen auch die
Anzahl derjenigen sinken werde, die gerne und möglicherweise
aus-schließlich oder gar pathologisch an diesen Geräten spielen, dann
scheint für sie das Internet tatsächlich noch unbekanntes Neuland zu
sein“. Auch im Glücksspielwesen dürfe die Politik die Rechnung nicht
ohne die souveräne Konsumentenautonomie der Spieler machen.
Spielinteressierte lassen sich, so die Studie, durch eine Verknappung
des Spielangebots, die prohibitive Züge trägt, nicht davon abhalten,
nach alternativen Möglichkeiten zu suchen, um ihre Spielbedürfnisse
zu befriedigen. Diese Möglichkeiten bieten sich tausendfach und vor
allem jederzeit und rund um die Uhr verfügbar über das Internet, wo
es bisher nicht einmal ansatzweise Reglementierungen beziehungsweise
wirksame Kontrollmöglichkeiten gibt.
Spielerschutz: Legale Spiele müssen gegenüber den illegalen
wettbewerbsfähig sein.
Der Bundesgesetzgeber sei gerade damit befasst, mit der neuen
Spielverordnung, in der die Eckwerte für das Automatenspiel in
Deutschland festgelegt werden sollen, die Attraktivität der
Automatenspiele zu verringern und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit
der in Deutschland terrestrisch angebotenen Geldgewinnspiele
signifikant zu vermindern. „Erstmalig in ihrer Geschichte“, erläutert
der Bonner Wirtschaftswissenschaftler, „würde die Spielverordnung in
den Wettbewerb auf dem globalen Glücksspielmarkt eingreifen.“ Das
sollte der Gesetzgeber dringlich vermeiden, denn wenn er das
Automatenspiel in seinen terrestrischen Spielmöglichkeiten innerhalb
des Bundesgebietes stark einenge, begünstige er die Wettbewerber aus
dem illegalen Bereich, dem Internet oder aus dem Ausland und treibe
die deutschen Konsumenten dorthin. Die Anzahl der in den illegalen
Markt abwandernden Spieler könne sich relativ zeitnah unschwer mehr
als verdoppeln, wenn der Gesetzgeber das in deutschen Spielhallen und
Gaststätten angebotene Automatenspiel so eng reglementiere, dass
dieses nicht mehr wettbewerbsfähig sein könne. „Exakt Umgekehrtes
müsse der Gesetzgeber fördern“, so Peren, „das legale Spiel müsse so
attraktiv gestaltet und gesetzlich reguliert werden, dass es im
realen Wettbewerb den illegalen Markt austrockne.“ Gleiches gilt auch
für die Sportwetten.
Pressekontakt:
Prof. Dr. Dr. Peren, Forschungsinstitut Glücksspiel und Wetten, Bonn.
Tel.: 02241/865103
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