Neue OZ: Kommentar zu Liberias früheren Präsidenten Charles Taylor

Der Sache gut getan

Der Eindruck mag entstanden sein, aber er täuscht: Im Prozess
gegen Liberias früheren Präsidenten Charles Taylor geht es nicht um
Supermodels und Hollywood-Schauspielerinnen. Zur Verhandlung steht
einzig Taylors Rolle im Bürgerkrieg des Nachbarlandes Sierra Leone.

Im Klartext: Es geht um zigtausendfachen Mord, um
Verstümmelungs-Exzesse, die selbst in Afrikas blutgetränkter jüngerer
Geschichte einen Gipfel der Grausamkeit markieren. Es geht um die
Heere von Kindersoldaten und Sexsklavinnen, die Taylors
sierraleonesische Verbündete von der Terrortruppe RUF
zusammengetrieben haben, und darum, wie Liberias Präsident den Krieg
der RUF und den gegen seine Widersacher im eigenen Land finanziert
hat.

Erst da kommen Diamanten aus Sierra Leone ins Spiel und
Prominente, die Taylor mit einigen davon beschenkt haben soll. Der
weltweite Aufmerksamkeitsgewinn durch den Auftritt glamouröser
Zeuginnen tut der Sache gut: Er bewahrt das erste internationale
Verfahren gegen einen afrikanischen Staatschef davor, in
Vergessenheit zu geraten.

Wohin es keinesfalls gehört. Denn das ist ja das politisch
Bedeutsame an Taylors Prozess: Er signalisiert Gewaltherrschern
weltweit, dass die Zeiten – hoffentlich auf Dauer – vorbei sind, in
denen sie sich hinter Amt und staatlicher Souveränität verschanzen
konnten.

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