Neue OZ: Kommentar zu Stahlindustrie

Bittere Wahrheit

Die gute Nachricht: Stahl ist für große Teile des produzierenden
Gewerbes unersetzlich und wird es bleiben. Die schlechte: Seit einer
ganzen Weile gibt es zu viel davon. Auf dem Welt- und besonders dem
europäischen Markt herrscht Überangebot. Die wichtige Nachfrage aus
dem Bausektor ist in großen Teilen Europas in sich zusammengefallen,
auch andere Branchen bestellen – zumindest außerhalb Deutschlands –
weniger als in den unbeschwerten Tagen vor der Euro-Schuldenkrise.

Die Stahlindustrie ist mit ihren großen, Energie verschlingenden
Produktionsanlagen eine der am wenigsten flexiblen der Welt. Man kann
ein Stahlwerk nicht mal eben für ein paar Tage oder Wochen stilllegen
und wieder hochfahren, wenn unvermittelt doch ein Auftrag
hereinkommt.

Die Unbeweglichkeit der Branche hat aber auch politische Gründe.
Besonders dort, wo ein Kapazitätsabbau am meisten nottäte, findet er
derzeit am allerwenigsten statt: Die spanische Regierung etwa wird
bei einer Arbeitslosenquote von mehr als 25 Prozent alles tun, um
Jobverluste in der Stahlindustrie des Landes und damit weiteren
Schaden an ihrem Ansehen zu vermeiden.

Die deutschen Hersteller haben sich bisher passabel durch die
Krise manövriert. Die Risiken aber bleiben. Und die bittere Wahrheit
ist: Ohne schmerzhafte Werksschließungen in der europäischen
Stahlindustrie wird sich daran nichts ändern.

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