Neue Presse Hannover: Kommentar zu Karstadt

Der Ausstieg der Schwedin Eva-Lotta Sjöstedt aus
der Karstadt-Führung hat gestern zwar die Belegschaft kalt erwischt –
so ganz überraschend kommt er allerdings nicht. Seit ihrem Einstieg
vor nicht einmal fünf Monaten hat sie klar gemacht, dass sie einen
anderen Führungsstil als zuvor in die Warenhauskette einziehen lassen
will. Offenheit und Ehrlichkeit waren ihr glaubhaftes Markenzeichen
bei der Tour durch die Filialen. Letztlich aber scheint die Marke
Karstadt eben doch zu viel von diesen alten Tugenden eingebüßt zu
haben, um wieder auf Erfolgskurs zu kommen. Zumindest mit dem
Geschäftsgebaren des Eigners Nicolas Berggruen scheinen sie nicht
deckungsgleich zu sein. Es ist nicht das erste Mal, dass man sich bei
einem Karstadt-Eigentümer fragt, ob ihm überhaupt am Erhalt und
Erfolg der Warenhäuser liegt oder das sie einfach nur gut sind, um
scheibchenweise daraus Geld zu machen und noch mehr Geld. In der
Vergangenheit haben schon etliche Manager den Karstadt-Kuchen –
angefangen von den Immobilienwerten – geteilt und in lukrative Stücke
verarbeitet. Zuletzt Berggruen durch Verkauf von Premium- und den
Sporthäusern nach Österreich. Bislang ist noch niemand aufgetaucht,
der überzeugend ins Geschäft investiert hat. Wer zynisch ist, könnte
hier einwerfen, dass ja zumindest die Mitarbeiter durch Lohnverzicht
150 Millionen Euro investiert haben. Und zudem 40 Gläubiger, die beim
symbolischen ein-Euro-Verkauf auf Berggruen auf ihr Geld
verzichteten. Mit der aktuellen Wende ist das Ende des Schreckens für
Mitarbeiter und Marke aber kaum eingeläutet. Karstadt kann immer noch
eine Goldgrube sein. Für die, die die unrentablen Häuser schließen
und den Rest an Kaufhof für die Bildung der Deutschen Warenhaus AG
verscherbeln. Vielleicht hat Sjöstedt ja nur ein sinkendes Schiff
verlassen.

Pressekontakt:
Neue Presse Hannover
Claudia Brebach
brebach@neuepresse.de

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