Overbanked is over / In Zukunft deutlich weniger Bankanbieter Bankenreport Deutschland 2030

Die Bankenlandschaft in Deutschland
konsolidiert bisher in einem gemächlichen Tempo. Neue digitale
Technologie, aggressive neue Wettbewerber aus dem Banken- und
FinTech-Umfeld, anspruchsvollere Kunden und ein ungünstigeres
wirtschaftliches Umfeld können das schnell ändern. Die
Strategieberatung Oliver Wyman hat im „Bankenreport Deutschland 2030“
zwei Szenarien für die zukünftige Bankenlandschaft entworfen. Je nach
Szenario verläuft die Marktanpassung kontinuierlich oder disruptiv:
Gemeinsamer Nenner ist die Reduktion auf nur noch 150 bis 300 Banken
in Deutschland innerhalb der nächsten 10 bis 15 Jahre.

Der deutsche Bankenmarkt ist fragmentiert mit über 1.600 Banken
und mehr als 27.000 Filialen. Auch wenn die deutschen Banken mit
ihrer großen Kundenbasis und ihrem stabilen Ertragspool die
Niedrigzinssituation bisher überraschend gut abfedern, sind sie im
internationalen Vergleich wenig profitabel. Dies wird auch von den
Aufsichtsbehörden als Indiz für Überkapazitäten gewertet.

Deutsche Banken müssen mit zunehmendem Wettbewerb aus einem
heterogenen Bündel von drei Gruppen rechnen: Auslandsbanken, FinTechs
und (überwiegend) globalen Technologieunternehmen. Ein Konglomerat
von Angreifern auf traditionelle Anbieter, das die Veränderung des
deutschen Bankensystems durch Etablierung neuer Geschäftsmodelle mit
besseren Kundenerfahrungen beschleunigt. „Banken in Deutschland
hatten über die letzten Jahre einen bemerkenswert stabilen
Ertragspool von 115 Milliarden Euro pro Jahr mit einer großen
Kundenbasis. Neue Anbieter im Markt wollen daran teilhaben. Für alle
wird der Kuchen nicht mehr reichen“, sagt Thomas Schnarr,
Bankenexperte bei Oliver Wyman.

Hinzu kommt als Grundmuster die Modularisierung im Banking:
Traditionell wurden Finanzdienstleistungen von integrierten
Instituten über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg erbracht. Die
Digitalisierung ermöglicht nun eine Kombination von Teilleistungen
verschiedener Anbieter mit Hilfe von Produktbündlern
(Orchestratoren). Kunden decken ihren Bedarf bei Orchestratoren oder
Plattformanbietern; ihre Bindung an einen einzelnen Anbieter ist
schwach.

Zwei Entwicklungsszenarien nachhaltig erfolgreichen Bankings Wie
wird sich der Bankenmarkt weiter entwickeln? „Den mächtigen Trends
unserer Zeit wird sich auch der Bankensektor in Deutschland nicht
entziehen können. Konkurrenz innerhalb des Banksektors, mächtige
Plattformanbieter von außen und Bankkunden mit höheren
Service-Ansprüchen werden Banken dazu zwingen, ihre Geschäftsmodelle
und ihr Angebot schärfer auszurichten. Nicht alle mit Erfolg“, ist
sich Schnarr sicher.

Die Anzahl der heute noch 1.600 aktiven Banken in Deutschland wird
sich der Einschätzung der Berater zufolge deutlich reduzieren. Sie
gehen davon aus, dass es in 10 bis 15 Jahren nur noch 150 bis 300
Banken mit nachhaltig erfolgreichen Geschäftsmodellen in Deutschland
geben wird.

Banken müssen sich in zwei Dimensionen entscheiden: Wollen sie
Bündler von Produkten und Services sein (Orchestratoren) â“EUR oder
Zulieferer mehr oder weniger spezialisierter Komponenten? Und wollen
sie lokal oder überregional tätig sein?

Je nach Geschwindigkeit der Veränderung werden die nachhaltigen
Geschäftsmodelle unterschiedlich aussehen: In einem
Evolutionsszenario mit geringer Veränderungsgeschwindigkeit können
Banken auf ihren bestehenden Stärken aufbauen: Banken mit großer
lokaler Verankerung könnten sich etwa zu „Platzhirschen“ entwickeln,
die sich stark mit den regionalen Ökosystemen verflechten; während
Produktspezialisten als „Monoliner“ der bevorzugte Anbieter für
einzelne Dienstleistungen werden können.

Steigt die Geschwindigkeit der Veränderungen, müssen auch die
Banken noch stärker reagieren, um ihre Relevanz für Kunden zu
behalten: so könnten sie etwa Kunden als „Lotsen durch den digitalen
Dschungel“ führen oder als „Unsichtbare Banken“ die
Wertschöpfungsketten ihrer Kunden fast unbemerkt unterstützen. Andere
Typen wie „Museumsbanken“ mit einem klassischen, integrierten
Bankmodell oder Banken des Typs „Telefonzelle im 21. Jahrhundert“,
werden ebenso aus dem Markt fallen wie „Zögerer und Zauderer“, die
sich nicht für eine klare Ausrichtung entscheiden können.

Innovationsfähigkeit und kulturelle Flexibilität gefordert

Um erfolgreich zu sein, müssen Banken den Oliver Wyman-Beratern
zufolge zwei Schlüsselfähigkeiten weiterentwickeln: ihre kulturelle
Flexibilität und ihre Fähigkeit zur Innovation. „Dazu gehört mehr
Empathie in der Bank-Kunden-Beziehung, kontinuierliche
Mitarbeiterentwicklung und eine nachhaltige Transformation der
Mitarbeiterrollen“, sagt Alexander Peitsch, Bankenexperte bei Oliver
Wyman. Daneben sei aber auch die Schaffung eines
innovationsfreundlichen Klimas mit aktiver Orchestrierung eines
Technologie-Portfolios, das auch Innovationen von Zulieferern
integriert, wichtig.

Gelingt den deutschen Banken das, können sie das weiterhin
bestehende starke Fundament nutzen, um nachhaltig erfolgreiche
Geschäftsmodelle zu etablieren. „Dafür allerdings werden Banken sich
neuen Möglichkeiten öffnen, über das traditionelle monolithische
Bankgeschäft hinauswachsen und neue Wege in der Zusammenarbeit mit
anderen Marktakteuren – alten wie neuen – wagen müssen“, so Peitsch
weiter.

Über den Bankenreport Deutschland 2030

Für den Bankenreport Deutschland 2030 hat Oliver Wyman alternative
Szenarien für die Entwicklung der Bankenlandschaft in Deutschland
entworfen. Grundlage waren Bewertungen von Trends in Technologie,
Nachfrage und regulatorisch-wirtschaftlichem Rahmen unter Rückgriff
auf 13 Umfeldparameter. Unterschiedliche
Entwicklungsgeschwindigkeiten führen zu Szenarien kontinuierlicher
oder disruptiver Entwicklung, deren Konstante die beginnende
Modularisierung der Bankprodukte ist.

Pressekontakt:
Davina Zenz-Spitzweg
Communications Manager DACH
Oliver Wyman
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