Stuttgarter Zeitung: Ohne Maß / Kommentar zu den Managergehältern

Vorstandschef Martin Winterkorn verzichtet auf
Bezüge, die ihm laut Vertrag eigentlich zustehen. Damit zeigt der
65-Jährige immerhin, dass er anders als so mancher Managerkollege
nicht völlig die Bodenhaftung verloren hat. Natürlich tut der
Verzicht nicht weh, schließlich verbleiben ihm 14,5 Millionen Euro.
Deshalb muss ihn auch niemand mit Lob überschütten. Aber Winterkorn
grenzt sich von Managern wie dem bisherigen Chef des Pharmakonzerns
Daniel Vasella ab, der 58 Millionen Euro erhalten sollte, ohne etwas
dafür tun zu müssen. Solche Exzesse gefährden die Akzeptanz unseres
Wirtschaftssystems.

Nun ist VW nicht Novartis. Aber auch bei VW sind die Verhältnisse
aus der Balance geraten, fehlt das Maß. Niemand bestreitet, dass
Winterkorn gute Arbeit leistet. Aber welchen Anteil am Erfolg hat er
zum Beispiel im Vergleich zu den Weichenstellungen von
Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch? Niemand weiß das.

Manager sollten sich nicht an Fußball- und Filmstars orientieren,
sondern an der Belegschaft. Ernst Abbe hat einst im Zeiss-Statut
festgelegt, dass auch der Chef nicht mehr als das Zehnfache des
Jahreslohns eines Arbeiters verdienen soll. Übertragen auf VW wären
das etwa 420 000 Euro. Realistischer ist es womöglich, an die
Verhältnisse in den USA bis Ende der siebziger Jahre zu erinnern.
Ganz ohne Gesetz pendelten sich die Regeln in der Praxis so ein, dass
niemand mehr als das Vierzigfache eines Durchschnittsverdieners
erhielt. Für Winterkorn wären das immerhin 1,7 Millionen Euro. Das
ist auch nicht wenig.

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