Südwest Presse: Kommentar zum Lokführerstreik

Wer am Steuer sitzt, hat viel Macht. Das haben nicht
nur die Piloten der Lufthansa erfolgreich bewiesen, sondern auch die
Lokführer. Knapp vier Jahre ist es her, dass sie unter anderem mit
Warnstreiks eine kräftige Lohnerhöhung durchgeboxt haben. Viel
wichtiger war allerdings, dass damit die Lokführergewerkschaft GDL
ihre Existenzberechtigung unter Beweis stellen konnte: Nur sie
verhandelt für die Lokführer und nicht die großen Bahngewerkschaften,
die sich inzwischen in der EVG zusammengeschlossen haben. Jetzt geht
es wieder los. Allerdings werden die Lokführer große Probleme haben,
den Bahnkunden zu erklären, dass es um mehr geht als ums Prestige und
Machtkämpfe unter verfeindeten Gewerkschaftern. Dabei ist der
Ausgangspunkt durchaus nachvollziehbar: Die privaten Konkurrenten
sollen nicht mehr deutlich niedrigere Löhne zahlen als die Deutsche
Bahn und dieser mit Lohndumping Aufträge im Nahverkehr wegschnappen.
Leider schaffen es die verfeindeten Brüder EVG und GDL nicht,
gemeinsam mit den Arbeitgebern zu verhandeln. Die Lokführer bestehen
darauf, ihr eigenes Süppchen zu kochen – immer in der Angst um ihre
Existenz. Nach monatelangen Gesprächen gibt es endlich einen
Branchentarifvertrag. Aber nur mit der EVG. Davon unterscheiden sich
die Forderungen der GDL nicht dramatisch – außer dass es ihr ums
Prinzip geht: Nur sie darf Tarifverträge für Lokführer schließen.
Dafür einen Streik anzuzetteln schadet letztlich nicht nur ihr
selbst, sondern auch den Gewerkschaften insgesamt. Die Fahrgäste
werden kein Verständnis dafür haben, dass sie als Geiseln für
Machtkämpfe herhalten sollen.

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
Telefon: 0731/156218