Preiserhöhungen – können sie Unternehmen schaden? Ja,
wenn man die falsche Strategie hat, meint Matthias Riemer,
Pricing-Experte für den Automotive-Sektor bei der globalen Strategie-
und Marketingberatung Simon-Kucher & Partners. Aktuelles Beispiel
dafür ist der Elektroautohersteller Tesla. Wo sich das Unternehmen
bei seiner jüngsten Preiserhöhung verkalkuliert hat und was die
Branche daraus lernen kann.
Vergangene Woche verkündete Tesla, marktführender Hersteller im
Bereich Elektrofahrzeuge, eine weltweite Preiserhöhung für die
Nutzung der unternehmenseigenen Schnellladesäulen, der sogenannten
Supercharger. Nach zahlreichen empörten Kundenreaktionen korrigierte
das US-amerikanische Unternehmen diese Maßnahme gestern wieder. Laut
ursprünglicher Meldung sah die neue Preisstruktur eine Erhöhung um
durchschnittlich etwa 30 Prozent vor. In Deutschland sollten künftig
0,46 Euro pro Minute über 60 Kilowatt (zuvor: 0,34 Euro/Minute) und
0,23 Euro pro Minute bis 60 Kilowatt (zuvor: 0,17 Euro/Minute)
berechnet werden. Aufgrund negativer Kundenreaktionen nahm Tesla
diese Preiserhöhung nun teilweise zurück: Das Unternehmen senkt die
Supercharger-Preise weltweit wieder um etwa zehn Prozent. Für
Deutschland bedeutet dies statt 0,46 nur noch 0,40 Euro pro Minute
über 60 Kilowatt Ladeleistung. Bis 60 Kilowatt fallen statt 0,23
jetzt 0,20 Euro pro Minute an.
Schrittweise Reduzierung des Angebots
Diese Kostenerhöhung zeichnete sich bereits seit einiger Zeit ab:
Hatte Tesla ursprünglich, um Absatzzahlen zu steigern, lebenslanges
kostenloses Tanken an den Superchargern in den Kaufpreis der
Top-Modelle inkludiert, teilte das Unternehmen vor Kurzem mit, dass
bald die Nutzung nur noch zeitlich begrenzt für bestimmte Neukunden
und Modelle im Preis inbegriffen ist. Anschließend sollen dann alle,
die sich einen Tesla neu anschaffen, Gebühren an den Ladesäulen
bezahlen. Die Empörung über die nun zusätzlich durchgeführte
Preiserhöhung beeindruckte das Unternehmen nun offensichtlich stark
genug, um einen großen Teil zu verhindern.
Was war schief gelaufen? Scheinbar hat Tesla die Emotionalität
seiner Kunden im Hinblick auf das Thema Preis unterschätzt. Statt dem
Image des langfristig denkenden Visionärs treu zu bleiben, reduzierte
der Hersteller sein Angebot immer mehr und erweckte so den Eindruck
eines „typischen“, kurzfristig profitorientierten Unternehmens. Zwar
bleibt das Angebot im Vergleich mit herkömmlichen Ladestation zuhause
durch seine Schnelligkeit und Flexibilität auch mit den neuen Preisen
attraktiv – jedoch reagieren Kunden, wenn es um Preise geht, nicht
zwingend rational.
Preiserhöhungen: Was Unternehmen besser machen können
Preiserhöhungen bergen stets ein hohes Risiko – vor allem, wenn
sie derart flächendeckend ausgerollt werden. Zwar hat Tesla Preise in
einzelnen Ländern und Bundestaaten in unterschiedlichen Höhen
angehoben. Dies passierte jedoch nur ein einem gewissen Rahmen: meist
zwischen 30 und 40 Prozent. Eine geschicktere Strategie verfolgt etwa
Netflix mit seiner jüngsten Preiserhöhung: Der Streaming-Anbieter
hebt seine Preise in kleineren Schritten vorerst nur in bestimmen
Märkten an, testet die Reaktionen, und lässt das Erlernte in künftige
Schritte einfließen. Zudem beachtet das Unternehmen psychologische
Preisschwellen.
Um eine Entwicklung wie im Fall Tesla zu vermeiden, sollten
Unternehmen wie der Autohersteller generell ihrem Preismodell mehr
Aufmerksamkeit widmen. Lieber nicht von einem Extrem (einer
lebenslangen Flatrate) ins andere (striktes Pay-per-use) verfallen;
stattdessen Abstufungen, unterschiedliche Pakete und
Zahlungsvarianten wie etwa Subscription-Modelle oder zweiteilige
Tarife aus Festpreis und verbrauchsabhängiger Zahlung erwägen. Auch
das generelle Preisniveau sollte regelmäßig kritisch überprüft werden
und nur mit klarer Kommunikation des für den Kunden zu erwartenden
Mehrwerts kommuniziert werden. Mit dem geplanten starken Ausbaus des
Supercharger-Netzes und dessen technischer Aufrüstung sowie neuen
Playern erwartet Tesla ein zunehmend dynamisches Marktumfeld mit
steigendem Wettbewerbsdruck.
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