Putzen, einkaufen für den Chef und Überstunden, das 
ist für Friseurauszubildende eher die Regel als die Ausnahme. Das ist
das Ergebnis einer unveröffentlichten Studie der 
Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die dem ARD-Politikmagazin „Report
Mainz“ vorliegt. 7.000 Auszubildende des Friseurhandwerks hat Verdi 
in 83 Berufsschulen deutschlandweit befragt. „Wir haben auf unserer 
Tour den Eindruck gewonnen, dass hinter der Salontür keine Gesetze 
gelten“, erklärt Marvin Reschinsky, Verdi-Jugendsekretär.
   Vier von fünf Azubis arbeiten mehr als 40 Stunden pro Woche im 
Friseurhandwerk. Drei von fünf Azubis machen regelmäßig unbezahlte 
Überstunden. Und zwei von fünf verrichten häufig ausbildungsfremde 
Tätigkeiten. „Report Mainz“ hat mit Auszubildenden gesprochen und 
stößt auf dramatische Zustände. „Häufig arbeite ich zehneinhalb 
Stunden – meistens ohne Pause. Die Überstunden muss ich dem Hotel 
schenken“, sagt eine Hotelfach-Auszubildende. Auszubildende fühlen 
sich häufig mehr als Hilfsarbeiter denn als Lehrling: „Man wird nicht
angeleitet, man bekommt keine Unterstützung, ist einfach nur der 
Lückenfüller im Dienstplan“, beklagt sich ein Auszubildender im 
Pflegebereich.
   Schlecht ist zum Teil auch die Qualität der Ausbildung. Eine 
Friseurauszubildende im dritten Lehrjahr traut sich nicht mal einen 
Frauenhaarschnitt zu. „Meine Haupttätigkeit ist Putzen und ich spiele
Postbote für meine Chefin.“ Sie habe Angst, ihre Prüfung nicht zu 
bestehen, da ihr sehr viel Lehrstoff fehle.
   Der Arbeitsrechtler Peter Schüren von der Universität Münster hält
das sogar für kriminelles Verhalten: „Wenn keine Ausbildung mehr 
stattfindet, sondern schlicht eine billige Arbeitskraft benutzt 
wird.“ Er erklärt, dass die Kammern, also Industrie- und 
Handelskammern und Handwerkskammern, nach dem Berufsbildungsgesetz 
eine Aufsichtsfunktion haben. „Sie müssen diese Ausbilder, die solche
krummen Sachen machen, aus dem Verkehr ziehen und ganz deutlich 
brandmarken, dass das nicht geht.“
   DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben erklärt gegenüber 
„Report Mainz“: „Wir machen insgesamt auf dem Ausbildungsthema einen 
guten Job. Dazu gehört auch die Überwachung.“ Tatsächlich führen 
Meldungen der Industrie- und Handelskammern bei 52 Betrieben im 
Jahresschnitt dazu, dass sie nicht mehr ausbilden dürfen – bei 
200.000 IHK-Ausbildungsbetrieben insgesamt. Der Zentralverband des 
Deutschen Handwerks (ZDH) konnte auf Nachfragen von „Report Mainz“ 
keine Zahlen zu Kontrollen liefern.
   Der DGB hält es für einen Systemfehler im Berufsbildungsgesetz, 
dass die Kammern ihre eigenen Mitglieder sanktionieren sollen. „Also 
die Kammern sind ja in einer Doppelfunktion“, kritisiert Manuela 
Conte, DGB-Jugendsekretärin. Sie fordert daher, ein unabhängiges 
Institut solle künftig die Prüfung der Ausbildungsbetriebe 
übernehmen. Dazu müsste allerdings das Berufsbildungsgesetz geändert 
werden. Doch Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) lehnt das strikt 
ab, erklärt gegenüber „Report Mainz“: „Das BMBF hält an der 
grundsätzlichen Zuständigkeit der Kammern für die Überwachung der 
beruflichen Bildung fest.“
   Zitate gegen Quellenangabe frei. Weitere Informationen der 
Internet-Seite www.SWR.de/report Bei Fragen wenden Sie sich bitte an 
„Report Mainz“, Tel. 06131 929 33351 oder -33352.
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