VdTÜV-Studie: Verbraucher wollen Sicherheit und Transparenz bei Künstlicher Intelligenz

Forderungen nach klarer Kennzeichnung und unabhängigen Prüfungen
+++ Hoffnung auf Fortschritte in Medizin, Forschung und Bildung +++ TÜV-Verband
fordert gesetzliche Leitlinien für den KI-Einsatz in sicherheitskritischen
Bereichen +++ Studie zur Sicherheit von Künstlicher Intelligenz +++

Die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland fordern mehr Transparenz und
Sicherheit beim Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI): 85 Prozent der
Bundesbürger wollen, dass Produkte und Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz
klar gekennzeichnet werden. Ebenfalls 85 Prozent sind der Meinung, dass
KI-Produkte erst auf den Markt gebracht werden sollten, wenn ihre Sicherheit von
unabhängigen Stellen überprüft wurde. Und 78 Prozent der Befragten sagen, dass
der Staat Gesetze und Vorschriften zur Regulierung von KI verabschieden sollte.
Das hat eine repräsentative Ipsos-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands unter
1.000 Personen ab 16 Jahren ergeben. „Der Ruf nach einer gesetzlichen
Regulierung von Künstlicher Intelligenz wird lauter“, sagte Dr. Michael Fübi,
Präsident des TÜV-Verbands (VdTÜV), bei der Vorstellung der Studienergebnisse in
Berlin. „Beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz in sicherheitskritischen
Bereichen gibt es erhebliche Regelungslücken. Immer dann, wenn Gefahren für die
Gesundheit von Menschen oder deren elementare Grundrechte bestehen, sind klare
Leitlinien für die Anbieter, Entwickler und Nutzer von KI-Anwendungen
notwendig.“ Das betreffe zum Beispiel hoch automatisierte Fahrzeuge, mit
KI-gesteuerte Maschinen oder die medizinische Diagnostik auf Basis von KI. Laut
der Umfrage halten nur 17 Prozent der Befragten eine Selbsterklärung der
Anbieter von KI-Anwendungen darüber für ausreichend, dass ihre Produkte sicher
sind.

Die TÜV-Studie zeigt, dass die Deutschen offen sind für diese neue Technologie.
Mit 46 Prozent empfindet fast die Hälfte aller Befragten etwas Positives oder
sehr Positives, wenn sie an KI denken. Weitere 21 Prozent sind neutral. Dagegen
empfinden 28 Prozent eher etwas Negatives oder sehr Negatives. Fragt man, was
die Menschen fühlen, wenn die Medien über Künstliche Intelligenz berichten, ist
das Ergebnis ambivalent: Einerseits herrscht bei 53 Prozent der Befragten
Interesse und Neugier, andererseits Skepsis (43 Prozent). Viele sind
erwartungsvoll (36 Prozent), viele aber auch verunsichert (25 Prozent). Fübi:
„Insgesamt überwiegen die positiven Empfindungen in Bezug auf KI und viele
Menschen erhoffen sich von der Technologie Fortschritte in verschiedenen
Lebensbereichen.“

Positiv bewertet eine breite Mehrheit in der Bevölkerung die Weiterentwicklung
von Künstlicher Intelligenz in der Forschung (75 Prozent), in der Industrie (73
Prozent) und in der Medizin (65 Prozent). Überwiegend positiv bewerten die
Befragten auch Verbesserungen durch KI bei der Verbrechensbekämpfung (65
Prozent) oder bei der Vermittlung von Wissen, zum Beispiel durch den Einsatz
persönlicher Assistenten (64 Prozent). Sehr oder eher negativ sehen es dagegen
69 Prozent der Befragten, wenn KI menschliche Kontakte ersetzt. Überwiegend
kritisch beurteilen sie auch die Nutzung von KI in der Rechtsprechung (66
Prozent), in der Verteidigung (50 Prozent) oder in der Altenpflege (49 Prozent).

Aus Sicht des TÜV-Verbands stellt sich mit dem massenhaften Einsatz von
Künstlicher Intelligenz in sicherheitskritischen Bereichen wie Fahrzeugen,
Maschinen, Anlagen und Geräten immer drängender die Frage nach einer
angemessenen Regulierung der Technologie. Neben den sicherheitskritischen Themen
sind auch ethische Fragen relevant. Manipulation in sozialen Medien oder die
Diskriminierung bestimmter Bevölkerungsgruppen sollten daher diskutiert werden.
Nach den Ergebnissen der TÜV-Umfrage haben 72 Prozent der Bundesbürger große
oder sehr große Sorgen vor Hackerangriffen, die mit Hilfe von KI automatisiert
oder personalisiert werden können. An zweiter Stelle steht mit 71 Prozent die
Sorge, dass KI missbraucht wird, um Menschen zu manipulieren. Zwei von drei
Befragten (67 Prozent) haben Angst, dass KI-Systeme bei sicherheitskritischen
Anwendungen Fehler machen, zum Beispiel bei hoch automatisierten Fahrzeugen. Ist
das KI-System beispielsweise nicht in der Lage, eine Verkehrssituation richtig
zu erfassen, kann es zu schweren Unfällen kommen. Weitere Sorgen drehen sich um
das Thema Entmenschlichung (62 Prozent) und eine noch stärkere Abhängigkeit von
digitalen Technologien (61 Prozent). 56 Prozent der Befragten haben große oder
sehr große Sorgen, dass KI-Anwendungen Arbeitsplätze von Menschen ersetzen. „Die
Sorge vor Arbeitsplatzverlusten durch KI-Anwendungen ist berechtigt“, sagte
Fübi. „Wir müssen schon heute diskutieren, wie unsere Gesellschaft diesen
Strukturwandel gestalten will.“

Laut der Umfrage kennen 94 Prozent der Befragten den Begriff Künstliche
Intelligenz, aber nur etwa jeder Dritte (34 Prozent) kann ihre wichtigsten
Eigenschaften erklären oder die Technologie sogar in all ihren Facetten
beschreiben. Fast die Hälfte der Befragten (47 Prozent) kann allenfalls eine
grobe Erklärung abgeben, weiß aber nichts Genaues. 16 Prozent wissen sehr wenig
oder gar nichts, obwohl viele den Begriff schon mal gehört haben. Es existiert
zwar keine einheitliche Definition von Künstlicher Intelligenz, aber die
wichtigsten Merkmale lassen sich beschreiben: KI-Systeme lernen eigenständig,
verarbeiten in der Regel riesige Datenmengen und können ihre Umgebung wahrnehmen
und darauf reagieren. Mit diesen „Fähigkeiten“ sind KI-Anwendungen in der Lage,
sehr komplexe Aufgaben zu lösen.

Es gilt als sicher, dass KI-Anwendungen immer mehr Aufgaben von Menschen
übernehmen oder diese bei ihren täglichen Entscheidungen unterstützen werden,
zum Beispiel beim Autofahren, bei medizinischen Diagnosen oder anderen
beruflichen Tätigkeiten. Besonders hohe Akzeptanz findet KI, wenn es die
Experten bei ihren Entscheidungen unterstützt. So begrüßen 69 Prozent der
Befragten, dass Ärzte durch KI unterstützt werden. Der Arzt soll allerdings die
Entscheidungshoheit behalten. Nur 24 Prozent würden auf die ausschließliche
Empfehlung der Algorithmen vertrauen.

Wie tolerant sind die Verbraucher gegenüber Fehlern, die ein KI-System macht?
Immerhin 40 Prozent der Befragten erwarten 100 Prozent Fehlerfreiheit. 34
Prozent würden einem KI-System in Ausnahmefällen Fehler zugestehen und 17
Prozent sagen sogar, Fehler sind normal. 9 Prozent wollen sich nicht festlegen.
Deutlich weniger fehlertolerant sind die Befragten allerdings bei der Frage nach
einer besonders sicherheitskritischen Anwendung wie dem automatisierten Fahren.
Dann stimmen 84 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass autonome Fahrzeuge
absolut fehlerfrei arbeiten müssen. Und ebenfalls 84 Prozent sind der Meinung,
dass KI-Systeme in Fahrzeugen von unabhängigen Stellen geprüft werden sollten.
Fübi: „Für sicherheitskritische KI-Systeme brauchen wir einen klaren
gesetzlichen Prüfauftrag, um die Sicherheit von Fahrzeugen oder Maschinen testen
zu können.“

Aus Sicht des TÜV-Verbands führt an einer angemessenen Regulierung auf
nationaler und internationaler Ebene kein Weg vorbei. Die neue EU-Kommission hat
angekündigt, eine KI-Strategie vorzulegen. In Deutschland plant das
Bundesarbeitsministerium ein KI-Observatorium, um die Auswirkungen am
Arbeitsmarkt zu beobachten und im Sommer will die Enquete-Kommission des
Deutschen Bundestages zur Künstlichen Intelligenz ihren Abschlussbericht
vorlegen. „Beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz geht es in vielen Bereichen
um die körperliche Unversehrtheit von Menschen und die Wahrung ihrer elementaren
Grundrechte“, betonte Fübi. „Natürlich müssen wir darauf achten, dass die
Regulierung nicht übers Ziel hinausschießt und Innovationen bremst.“ Ein Weg, um
das zu vermeiden, sei ein risikobasierter Ansatz. Nicht jede KI-Anwendung müsse
umfangreich getestet werden. Es komme darauf an, wie groß der Schaden ist, den
ein KI-System anrichten kann.

Die Empfehlungen des TÜV-Verbands an die Politik im Überblick:

– KI-Anwendungen sollten in verschiedene Risikoklassen eingeordnet
werden. In Abhängigkeit vom Risiko können sie dann zugelassen,
überprüft oder sogar laufend überwacht werden. Der Ansatz der
Datenethikkommission der Bundesregierung weist genau in diese
Richtung.
– Die Prüfung von KI-Systemen mit hohem oder sehr hohem Risiko
sollte von unabhängigen Prüforganisationen vorgenommen werden.
Der risikobasierte Ansatz ist ein etabliertes Verfahren des
europäischen Binnenmarktes, um Sicherheit und Innovationen
miteinander zu verbinden.
– Voraussetzung für herstellerunabhängige Prüfungen von
algorithmischen Systemen ist der Zugang zu den dafür notwendigen
sicherheitsrelevanten Daten. Schon heute fehlt den
Prüforganisationen zum Beispiel der Zugang zu wichtigen Daten
von digital gesteuerten Aufzügen oder Fahrerassistenzsystemen in
Autos.
– Für lernende KI-Systeme sind fortlaufende Prüfungen notwendig.
Periodische Prüfungen alle ein oder zwei Jahre dürften im
digitalen Zeitalter bald der Vergangenheit angehören.
– Auch zur Einhaltung ethischer Standards bei der KI-Entwicklung
können unabhängige Prüforganisationen einen Beitrag leisten,
indem sie die innerbetrieblichen Prozesse der Unternehmen
überprüfen und zertifizieren.

Der TÜV-Verband sieht für entsprechende Gesetzesinitiativen im Bund und in der
EU dringenden Handlungsbedarf. „Jeden Tag drängen viele neue KI-Anwendungen auf
den Markt“, sagte Fübi. „Die Zeit der politischen Meinungsbildung sollte zu Ende
gehen. Jetzt ist politisches Handeln gefragt.“ Seine Empfehlungen an die Politik
hat der TÜV-Verband in seinem Positionspapier „Vertrauen in KI-basierte Systeme
schaffen“ zusammengefasst (https://www.vdtuev.de/themen/politische_positionen_vd
tuev/kuenstliche-intelligenz).

Der Studienbericht, eine Präsentation und eine Grafik sind abrufbar unter
https://www.vdtuev.de/news/ki-studie.

Methodik-Hinweis: Grundlage der Studienergebnisse ist eine repräsentative
Umfrage des Marktforschungsunternehmens Ipsos im Auftrag des TÜV-Verbands unter
1.000 Personen ab 16 Jahren in Deutschland.

Über den TÜV-Verband: Der Verband der TÜV e.V. (VdTÜV) vertritt die politischen
und fachlichen Interessen seiner Mitglieder gegenüber Politik, Verwaltung,
Wirtschaft und Öffentlichkeit. Der Verband setzt sich für technische und
digitale Sicherheit bei Produkten, Anlagen und Dienstleistungen durch
unabhängige Prüfungen und qualifizierte Weiterbildung ein. Mit seinen
Mitgliedern verfolgt der TÜV-Verband das Ziel, das hohe Niveau der technischen
Sicherheit in unserer Gesellschaft zu wahren und Vertrauen für die digitale Welt
zu schaffen.

Pressekontakt:

Maurice Shahd
Pressesprecher
Verband der TÜV e.V. (VdTÜV)
Friedrichstraße 136 | 10117 Berlin
presse@vdtuev.de
www.vdtuev.de | www.twitter.com/vdtuev_news

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