Wenige Wochen vor Beginn des Prozesses gegen Beate Z. und weitere mutmaßliche Unterstützer der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) hat der Präsident des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, die Hauptverantwortung für das Fahndungsdebakel zurückgewiesen. „Dass zehn Morde in diesem Land so lange nicht aufgeklärt und nicht dem RechtsterrorisÂmus zugeordnet wurden, ist aus meiner Sicht ein Versagen – aber nicht allein des Verfassungsschutzes“, sagte Maaßen im Interview mit dem Nachrichtenmagazin „Focus“. Hauptfehler sei gewesen, dass die Sicherheitsbehörden „sich zu wenig ausgetauscht“ hätten. Zugleich räumte er einen großen Imageschaden ein: „Es ist richtig, dass die 17 Verfassungsschutzbehörden in den vergangenen anderthalb Jahren viel Vertrauen verloren haben. Wir befinden uns in einem tiefen Tal, aus dem wir uns wieder nach oben arbeiten müssen.“ Maaßen äußerte sich in „Focus“ erstmals ausführlich zur V-Mann-Problematik und räumte Schwierigkeiten seines Amtes ein, nach den Enthüllungen im Zusammenhang mit dem NSU neue Informanten zu gewinnen: „Es war fatal, dass Details über die Arbeit von V-Leuten an die Öffentlichkeit gelangten.“ Insgesamt sei die Situation für den Verfassungsschutz „eher schwieriger geworden“. Maaßen bestritt die in der Öffentlichkeit kursierenden Honorar-Höhen für V-Leute: „Was ich da so gelesen habe, hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun.“ Er verteidigte jedoch die gängige Honorar-Praxis: „Wie sollen wir jemanden in der Szene finden, der bereit ist, beispielsweise über Anschlagsplanungen zu berichten, wenn nicht Geld gezahlt wird?“ Sein Amt versuche sicherzustellen, „dass dieses Geld nicht zur Förderung extremistischer Strukturen verwendet wird“. Zu einem möglichen Verbotsverfahren gegen die NPD erklärte Maaßen: „Mit der mehr als 1.000 Seiten langen Materialsammlung haben die Verfassungsschutzbehörden viel zusammengetragen, was ein Verbot stützt. Unsere Belege sind gut, solide und ausreichend. Nun müssen die Politiker und danach die Richter entscheiden.“ Auf die Frage, was nach einem NPD-Verbot passieren würde, sagte Maaßen „Focus“: „Zunächst wären die Parteistrukturen zerschlagen und das Vermögen eingezogen.“ Einige Mitglieder würden sich aus der aktiven Politik zurückziehen, andere neue Organisationen gründen oder in andere Parteien ausweichen. „Und es würde auch welche geben, die sich radikalisieren, nach dem Motto: Den Demokraten werden wir es zeigen“, so Maaßen. „Auch das muss man im Blick haben.“
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