WAZ: Bitte etwas mehr Gelassenheit. Kommentar von Wolfgang Mulke

Reisende müssen sich wohl auf eine Streikwelle
gefasst machen. Bei der Bahn und der Lufthansa drohen harte
Arbeitskämpfe. Immerhin: Die Lokführergewerkschaft will sich mit den
Piloten dahingehend absprechen, dass beide Verkehrsträger nicht zur
gleichen Zeit durch Streiks ausfallen. Auch wenn der Ärger groß ist:
Es ist das Recht beider Berufsgruppen, ihre Interessen auf diese
Weise durchzusetzen, selbst wenn die Gewerkschaften vergleichsweise
klein sind. Mit einem Gesetz will die Bundesregierung die sogenannte
Tarifeinheit herstellen: In jedem Unternehmen soll nur die jeweils am
stärksten vertretene Gewerkschaft Löhne und Arbeitszeiten aushandeln
und Streiks organisieren dürfen. Doch eine zwingende Tarifeinheit,
bei der für jeden Betrieb nur eine von Großgewerkschaften für alle
Beschäftigten abgeschlossene Regelung gilt, ist nicht mit dem
Grundgesetz vereinbar. Ob es tatsächlich zu vermehrten Streiks oder
Nachteilen durch die Tarifvielfalt kommt? Bislang sind die
Befürchtungen nicht eingetreten, auch wenn jetzt wieder Streiks
drohen. Solche Arbeitskämpfe werden ja auch von Großgewerkschaften
immer wieder geführt. Etwas mehr Gelassenheit kann sich Deutschland
in dieser Frage leisten.

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